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Jazzzeitung
2003/11 ::: seite 23
dossier - tonträger
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Cassandra Wilson: Glamoured
Blue Note -
Einfallslos knüpft Cassandra Wilson mit „Glamoured“
an das Rezept ihrer letzten Blue Note-Einspielungen, besonders „Belly
of the Sun“, an. Die Instrumentierung des neuen Albums betont
einen akustischen Sound, der auf Dauer eintönig und einlullend
wirkt: Weltmusikalisch-beliebiges Herumgetrommel über den Klang
einer Harmonika und akustischer Gitarren, der sich zwischen sumpfigem
Delta-Blues, Folk und „MTV Unplugged“ bewegt. Sehr einförmig
auch das Repertoire. Neben Sting, Muddy Waters, Bob Dylan, Hank Williams
und Abbey Lincoln covert Wilson vor allem sich selbst. Die geringen
stilistischen oder atmosphärischen Unterschiede zwischen den Stücken
werden durch die Instrumentierung und ihre Stimme noch zusätzlich
eingeebnet. Bis auf drei oder vier Nummern wie „Honey Bee“,
dem M. Waters-Cover, zu dem das Nina-Simone-hafte, Männliche in
ihrer Stimme gut passt, klingt sie entweder maniriert oder ausdruckslos.
Enttäuschend!
Claus Lochbihler
McCoy Tyner: Land of Giants
Telarc 83576, In-Akustik
Längst lebt McCoy Tyner im „Land of Giants“. Da kann
er seine elementare Kraft als Pianist voll und ganz entfalten. Dynamisch
ist sein Modern Jazz, in „Serra Do Mar“ mit geschmeidiger
Melodie und pulsierendem Rhythmus, den Eric Harland (dr) elastisch und
punktgenau am Schlagzeug bündelt. Hochgeschwindigkeitsswing ist
paradoxerweise auf „Stoppin‘“ zu hören, wobei
Bobby Hutcherson sehr flink übers Vibraphon klöppelt. Der
Klassiker „If I Were A Bell“ wird bei diesem Quartett zum
Shuffle mit einem Gran Ironie, besonders im Bass-Solo von Charnett Moffett,
der den Sound des Quartetts erheblich aufwirbelt. Das Piano-Ostinato
von „Manalyuca“ hat arabisches Flair, entwickelt sich zum
Derwisch-Tanz, bei dem McCoy Tyner alle Register seiner sinnlichen Musik
am Piano zieht. Im „Land of Giants“ hat McCoy Tyner die
idealen Partner für ein absolut perfektes Jazz-Album gefunden.
Hans-Dieter Grünefeld
Mostar Svedah Reunion: A Secret Gate
snail records CC 50014
Hier hat sich die Seele des Balkan versammelt: Llijaz Delic (Vocal)
Mustafa Santic (Vocal, Accordion), Nedjo Kovacevic (Violin), Ivica Vinkovic
(Double Bass), Miso Petrovic (Lead Guitar), Sandi Durakovic (Rhythm
Guitar), Kosta Latinovic (Berde Bass) und Sead Avdic (Percussion) haben
noch während den schweren Zeiten des Krieges 1993 zusammengefunden
und vereinen die kreativen Kräfte Kroatiens, Bosniens und Serbiens.
Der Name „Sevdah“ lässt sich unterschiedlich interpretieren:
das aus dem Arabischen stammende Wort steht einerseits für Liebe,
Begehren oder aber auch für Extase. Die Sänger und Musiker
vermitteln starke Gefühle und einen ganz besonderen emotionalen
Zustand. Dies und die Leichtigkeit des Wechsels von Melancholie zu rhythmischer
Ausgelassenheit macht das Ensemble so besonders. Arabische anmutende
Gesänge vermischen sich hier mit rasanten Gitarrenklängen:
Weltmusik für Kenner.
Ursula Gaisa
De Amsterdam: Klezmer Band
BVHAAST 0603
1996 gründete sich die Amsterdam Klezmer Band als Straßen-
und Kneipenband in Amsterdam und entwickelte sich sehr bald zu einem
sehr gefragten Ensemble über die niederländischen Grenzen
hinaus. Stärke und Profil dieser Band sind der authentische Klang,
die Verwendung von Saxophon, Klarinette, Trompete, Akkordeon, Kontrabass
und Banjo, also keine vorzeitige Annäherung an das Jazzinstrumenatrium
durch weitere Rhythmuselemente wie in der New Yorker Szene üblich.
Bei den hier vorliegenden 16 Titeln kommen jiddische Vokal- und Musiktraditionen
zusammen mit Zigeunermusik, Klängen und Tänzen, Hochzeitsmusik
und vieles mehr vom Balkan, aus Russland, Griechenland oder der Türkei,
also aus der musikalischen Melange, die die traditionelle Klezmermusik
ausmacht. Arrangiert, komponiert und gespielt ist es aber für westeuropäische
Ohren, ein Klangwerk voller ungerader mitreissender Rhythmen und emotionaler
Ausbrüche.
Hans-Jürgen von Osterhausen
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