Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Auf den ersten Blick fragt man sich wohl, was Manfred Eicher auf die Idee gebracht hat, eine Auswahl der aktuellen Stars seines weltweit agierenden und erfolgreichen Labels ECM im Vorarlberger Dornbirn auf die Bühne zu bringen. Die Antwort ist relativ einfach: Dornbirn hat sich zu einem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum im österreichischen Bodensee-Raum entwickelt, das durch vielfache Aktivitäten weit über die eigenen Grenzen von sich reden macht. Jazzveranstaltungen machen einen großen Teil des kulturellen Profils aus. Eicher selbst verbindet den Start seines Labels, etliche Erfolgsproduktionen wie das Bregenz-Konzert von Keith Jarrett mit der Region und nimmt bis heute viele Projekte in einem benachbarten Kloster auf. In Dornbirn fallen vor allem viele architektonische Neuerungen ins Auge, wozu auch die gelungene Umgestaltung einer ehemaligen Fabrik zum Kulturzentrum Spielboden gehört.
Dessen Bühne bot an drei Abenden Konzerte mit jeweils zwei Gruppen, die ihre aktuellen, meist auf gerade erschienenen CDs festgehaltenen Projekte vorstellten. In der sehr dichten Atmossphäre zeigte sich wie häufig, dass der Live-Genuss meist noch über die CD-Aufnahme hinausgeht, ein Ergebnis, das gerade bei der improvisierten Musik häufig vorkommt. Jon Balke eröffnete das Festival, das an allen drei Abenden gut bis sehr gut besucht war. Sein Magnetic North Orchestra – allerdings ohne Anders Jormin – beeindruckte mit einer deutlich spürbaren magnetischen Kraft, in der Regel von den Streichern perfekt produziert. Erinnerungen an klassische Komponisten aus den skandinavischen Länder wurden deutlich, was die Klangstimmung angeht. Glanzvoller Höhepunkt waren die tranceartigen Vokalbeiträge der Trompeter. Als neues Ensemble stellte sich das Trio Abaton mit Sylvie Courvoisier,
Mark Feldman und Erik Friedlander als außerordentlich aktuelles
kammermusikalisches Ensemble vor. Feldman erläuerte als besonderen
positiven Aspekt im Vergleich zum klassischen Ensemble, dass das Trio
eigene Musik spielt, vorwiegend Kompositionen von Sylvie Courvoisier,
atemberaubende surreale und spannungsgeladene große Bögen. Alle seine Virtuosität und Sicherheit brachte Star-Trompeter Tomasz
Stanko mit drei jungen, glänzend aufspielenden polnischen Musikern
auf die Bühne. Den Schlusspunkt setzte Louis Sclavis Projekt „Napoli’s Walls“, der gelungene Versuch, die bewegende Geschichte eines in die Antike weisenden Ortes wie Neapel als eine abstrahierte, fiktive Stadt musikalisch zu visualisieren. Manfred Eichers Konzept, Musik aus aller Welt abseits aller eingefahrenen Mainstream-Wege für das große Publikum hörbar zu machen, fand mit dem Spielboden-Festival ein glanzvolles Medium. Dem postulierten Wunsch, das Festival im nächsten Jahr fortzusetzen, kann man nur besseres Wetter wünschen, und Musik von derselben Qualität, die die drei Tage in Vorarlberg zum Genuss werden ließen. Hans-Jürgen von Osterhausen
|
|