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„Mediziner machen Jazz“ hieß das Motto der Konzerte am letzten Juni-Wochenende im Jazzclub Neue Tonne – und beide Abende brachten die ganze Vielfalt dessen zu Gehör, was da Mediziner und ihre beruflichen „Verwandten“ musikalisch so alles „drauf haben“. Der erste Abend gehörte den medizinischen „Nebenberufen“ – aus allen Himmelsrichtungen reisten die Mitglieder der Deutschen Apothekerbigband an, um ein deftiges, vielumjubeltes Konzert nach allen Regeln der Swing-Kunst zu geben: Von „C Jam Blues“ bis „Besame Mucho“ war alles dabei, was im Big-Band-Repertoire für Stimmung sorgen könnte. Und wenn auch nicht jeder Ton oder jeder Einsatz hinsichtlich der Perfektion mit Glenn Miller vergleichbar war, begeisterten die hingebungsvollen Hobby-Musiker das Publikum zu Recht mit ihrer zünftigen Bigband-Show durch Spiellaune, Witz, Engagement und manches Solo. Auch die nachfolgende Band, das Fünfte Trio zu Viert (ein Sextett!), bestand aus Mitgliedern, die ihre Musik vor allem „aus Spaß an der Freude“ machen – eigentlich gehen sie anderen Berufen wie Physiotherapeut oder Medizinstudent nach. Mit ihrer Mischung aus Hip Hop, Soft-Swing und Chill-out Jazz polarisierten sie das Publikum: Mancher von den Swing-Fans verließ mit den Worten „Das ist nichts für mich“ den Jazzclub, andere Bigband-Freunde waren fasziniert: „Mensch, die sind ja richtig gut, die Jungs!“ Der Samstag Abend dann gehörte den musikalischen Profis (und zufälligerweise gleichermaßen den musizierenden Ärzten). Die Schweizer Gitarrist Jerry Rojas und der Holzbläser Peter A. Schmidt praktizieren zwar in eigenen Praxen, gehören aber längst als feste Größen in die europäische Jazz- und Improvisationsmusik-Szene. Insbesondere Schmid („Als Arzt bin ich der Hauptsponsor für mein Musikerdasein.“) veröffentlichte eine Reihe von CDs mit den Größen der Szene (Evan Parker, Michel Pilz, Jürg Solothurnmann) – davon allein auf Creative Works Records zehn CDs, darunter eine sehr bemerkenswerte Solo-Platte. Das am Samstagabend vorgetragene Programm „Songbook“ könnte, ja sollte die elfte werden, so überzeugend und inspiriert spielten die beiden ihre melodisch wirklich sehr sanghaft wirkenden, von Rock und Kammermusik-Liedern ebenso wie von balkanischen Melodien und Rhythmen beeinflussten Gitarren-Holzbläser-Duette. „Ich improvisiere gern – auch frei“, so Schmid, „aber es gibt ja keinen Grund, das Melodische aus freien Improvisationen von vornherein zu verbannen.“ Nun, Vollblut-Professional als Musikerin ist auch die Sopransaxophonistin Henriette Müller. Ihre Auftritte und Projekte – unter anderem mit Tony Scherr und Jim Black – in New York (Knitting Factory, Tonic) oder auch mit John Tchicai haben ihr eine große Anerkennung eingebracht. Die Musik ihres Trios (Simon Pauli, Bassgitarre, Johannes Bockholt, Drums) am letzten Juni-Samstag schlug Brücken zwischen komplexen komponierten Strukturen, expressiven Improvisationen und einer zum Teil sehr sinnierend-introvertiert wirkenden Melodik. „Meer-Frieden“, ganz besonders aber „Illusion“ verdeutlichten dies, während „A little Cackoo“ auch musikalisch närrisch-skurrile Momente hatte. Kammermusik und Improvisation der sublimen Sorte! Mathias Bäumel |
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