Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Zwei Antworten hat der Jazzfreund im Rheinland bereit, wenn man auf der Suche danach ist, warum gerade das Festival in Viersen seit vielen Jahren besonders reizvoll ist: Die interessante Mischung des konsequent vielfältig gestalteten Programms – die amerikanische, europäische wie die regionale Seite – und die besondere Atmosphäre, wobei immer 25 Prozent der Gäste auf den Fluren um den großen Saal der Stadthalle mit Freunden reden und sich stärken. Was kann man von einem Festival Besseres bekommen als großartige Musik von den Spitzen der Branche und eine angenehme gesellschaftliche Atmosphäre. Alle Wechsel in Leitung und Verantwortung überdauert hat Ali Haurand, seit der ersten Stunde der künstlerische Leiter. Wie schon vor urdenklichen Zeiten war der WDR wieder dabei, während Vertreter des BBC und eines Österreichischen Senders aufmerksam das Geschehene betrachteten. Erwähnt sei auch, das die Stadt Viersen trotz ihrer Haushaltsprobleme zu diesem Ereignis steht, das sie regelmäßig Ende September in das Licht der europäischen Musiköffentlichkeit rückt. Die amerikanische Seite war durch den Veteranen Ron Carter, Bassist bei Miles Davis in den 60er-Jahren, vertreten, zeigte hohe technische Fertigkeiten, überwiegend Erinnerungen, gelegentlich frisch aufpoliert durch einen zusätzlich Perkussionisten. Einen begeisternden Auftritt hatte dagegen Chris Potter mit seinem – nur scheinbaren – Verlegenheits-Trio, musste doch der Pianist aus persönlichen Gründen zu hause bleiben. Zusammen mit seinen Partnern Bill Stewart, Schlagzeug, und Scott Colley, Bass, bot Potter eine aufregende geradezu groovende Musik sehr modernen Zuschnitts, zwischen Avantgarde und amerikanischer Tradition. Glanzlichter brachte die europäische Szene auf die Bühne: Die dänische Sängerin Susie Hyldgaard lieferte einen begeistert aufgenommenen Auftritt voller Poesie und persönlichem Gesangstil weitab der amerikanischen Traditionen, hinter denen so viele skandinavische Sängerinnen herlaufen. Der Akkordeonist Richard Galliano litt unter ihrer langen Show, ließ sie ihn doch mit seinem herausragenden Streicherensemble und einem einfühlsamen Astor Piazzolla-Programm erst gegen Mitternacht auf die Bühne, für viele Besucher ein wenig zu viel des Guten, nicht aus musikalischen Gründen, versteht sich. Dass Rückverweise auf die Geschichte des Jazz und ihre Heroen Charlie Parker und John Coltrane alles andere als langweilig sein können, bewiesen die britischen Altstar-Saxophonisten Peter King und Alan Skidmore. Nach etwas wackeligem Start begann mit einem Titel aus Coltranes „A Love Supreme“ eine Stunde mit kraftvollem Jazz und einem überwältigen klanglichen Volumen und Ausdruck. Der kleine Saal im Anbau an die Stadthalle erlebte einen weiteren großartigen Höhepunkt des Festivals mit dem Berliner Trio „Der Rote Bereich“ und dem glänzend aufgelegten Duo Rudi Mahall und Frank Möbius. Sehr erfindungsreich zeigte sich die rheinische Formation um den Trompeter Markus Türk bei der Interpretation deutscher Volkslieder am ersten Abend. Die abschließende Gruppe im kleinen Saal, Jean-Baptiste’s London Paris Connection hatte es bei aller Qualität schwer, sich gegen die Geräusch-Kulisse der Traditionalisten-Rock Band „Colosseum“ zu behaupten. Musikalisch ist zu deren Musik nicht viel zu sagen, eigentlich nur zu fragen, warum eine solche Band ihren Fans nicht die gute Erinnerung an frühere großen Taten lassen kann. Hans-Jürgen von Osterhausen |
|