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Miles Davis live in Montreux! Konzertmitschnitte von 1973 bis 1991, inklusive Nachmittags- und Abendvorstellungen auf 20 (!) CDs – das ist Hardcore. Relativ unscheinbar kommt die Box daher (sehr platzsparend trotz umfangreichen Inhalts): In zwei fetten Schubern stecken die CDs, begleitet von einem liebevoll gestalteten, schmalen Hardcoverband mit einem Vorwort von Claude Nobs, dem wir das Montreux Festival überhaupt zu verdanken haben, einem sachlich, informativen Aufsatz über Miles Davis von Nick Liebmann und selbstverständlich den diskografisch erforderlichen Informationen. Klanglich hervorragend aufgearbeitet bieten die Aufnahmen einen umfassenden Überblick über Miles’ bisher kaum mit Live-Aufnahmen dokumentierte letzte Schaffensperiode. Während Miles Davis auf Studioalben der achtziger Jahre funkig jazzige Hits einspielte und damit ein neues Publikum für sich gewann, entwickelte er in seinen mehrstündigen Live-Auftritten bekanntes Material auf gänzlich neue, äußerst spannende Weise. Ähnlich wie bei Art Blakey galt die Miles Davis Band als Talentschmiede. Ob Bob Berg, John Scofield, Kenny Garrett oder Dave Liebman, Robert Irving III, Marcus Miller, Darryl Jones, Marilyn Mazur, Al Foster oder Steve Thornton – Miles’ musikalische Mitstreiterliste liest sich wie ein „Who is Who“. Natürlich sind hier auch die Musiker mit von der Partie, die sich in Montreux zu den Jam Sessions einfanden wie George Duke, Chaka Khan oder David Sanborn. Fanatischen Diskografen sei mitgeteilt, dass die Box tatsächlich das gesamte Montreux Live-Material beinhaltet. Auch wenn die Titel nicht unbedingt überraschen, macht es immer wieder Spaß unterschiedliche Soli zu verfolgen, Live-Stimmungen nachzuvollziehen und zu vergleichen, welche Improvisationen ausgeprägter sind, wo und wie das Zusammenspiel funktioniert und auf welche Weise Miles bereits bekanntes Material entwickelt. Ebenfalls enthalten ist die bereits bei Warner vor ein paar Jahren erschienene Aufnahme „Miles in Montreux“ mit der Quincy Jones/George Gruntz Big Band. Als Bonus außerhalb der Montreux-Konzert-Reihe noch ein besonderes Bonbon: der Mitschnitt aus Nizza vom 17. Juli 1991. Trotz allem ist diese Box sicherlich nichts für den 08/15-Miles-Davis-Fan. Auch für „Miles- Puristen“, die über seinen 80er-Jahre Sound die Nase rümpfen, wird es kaum einen Kaufanreiz geben, obwohl allein der erste Mitschnitt von 1973 hochinteressant ist . Für wen ist diese Box dann konzipiert? Vielleicht für diejenigen, die Miles Davis per se vergöttern, selbst bei den Konzerten waren oder für notorische Sammler? Seit Jahren war bekannt, dass Bänder der Montreux-Konzerte existieren, vereinzelte Bootlegs kursierten, und mit Spannung wurden die Originalaufnahmen erwartet. „The Complete Miles Davis At Montreux“ sprengt musikalisch wie soundtechnisch alle Dimensionen, und allein vom Umfang her gesehen ist diese Veröffentlichung in Zeiten allgemeiner Rezession ein ebenso mutiges wie gelungenes Unterfangen. Thomas J. Krebs |
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