|
|
|
|
Jazzzeitung
2002/12-2003/01 ::: seite 22
education
|
|
|
|
|
|
|
|
Der Deutsche Musikrat in Gefahr? Gar kurz vor der Insolvenz? Diese Nachricht
schlug während und nach der Generalversammlung Ende Oktober im gesamten
deutschen Musikleben ein wie eine Bombe. Inzwischen meldete der Deutsche
Musikrat am 9. November Insolvenz an. Schon die in Berlin anwesenden Mitglieder
stellten sich einmütig hinter ihren Dachverband. Sollte es dieses
musikalische Dach, das seit 50 Jahren einzelne Verbände und Interessen
zusammenhält, künftig nicht mehr geben, drohte ein Auseinanderdriften,
womöglich ein Gegeneinander einzelner Kräfte. Gerade in unserer
Zeit, in der jeder gesparte Euro als guter Euro gilt, in der es der Kultur
an allen Orten an den Kragen geht, wäre der Verlust dieses Daches
fatal. Das war der unbestrittene Tenor der Generalversammlung. Die Einsatzbereitschaft
für den Musikrat aber geht weit über die eigentliche Mitgliederschar
hinaus. Das zeigen auch die folgenden Statements von Jazzmusikern, die
wir aus der neuen musikzeitung, Sonderausgabe „Deutscher Musikrat
in Gefahr“, vom November 02 übernehmen. In kürzester Zeit
kamen dort mehr als 60 Persönlichkeiten aus dem Musik- und Kulturleben
der Bitte nach, zur derzeitigen Situation Stellung zu beziehen. Das Ergebnis
spricht für sich. Solche Einmütigkeit im deutschen Kulturleben
war selten. Sie sollte den Entscheidern behilflich sein! Barbara Haack
Ungerechtfertigt
Als Musiker, der in seiner Ausbildung nicht zuletzt durch die einzigartige
Möglichkeit der Teilnahme an den Veranstaltungen des Bundesjazzorchesters
gefördert wurde, habe ich mit Befremden von der Gefahr gehört,
dass die öffentliche Hand die Fördermittel für den Deutschen
Musikrat in Frage stellt. Seit Peter Herbolzheimer die Arbeit mit dem
BuJazzO aufnahm, hat sich die Zahl und vor allem die Qualität der
jungen deutschen Jazzmusiker auf ein Niveau erhöht, das Deutschland
eine eigene Stimme im internationalen Konzert verleiht. Es muss verhindert
werden, dass der erreichte Stand durch einen voreiligen und aus der Sicht
der geleisteten musikalischen Arbeit ungerechtfertigten Schritt leichtfertig
aufgegeben wird.
Till Brönner
Schmerzhaft
Es gibt Bereiche in unserem Musikleben, die absolut auf die Ägide
einer übergeordneten Instanz angewiesen sind. Hierzu gehört
der Jazz. Unter diesem Aspekt hat sich der Deutsche Musikrat mit der Verwirklichung
des Bundesjazzorchesters („BuJazzO“) in meinen Augen in höchstem
Maße verdient gemacht und dieses in besonderer Weise, wenn man bedenkt,
dass hier der Grundstein für das künstlerische Weiterkommen
einiger der erfolgreichsten Nachwuchsjazzer gelegt wurde. Diese Förderung
ist von besonderem Gewicht, auch unter dem Gesichtspunkt – und hier
spreche ich aus eigener Erfahrung –, dass sich Jazzmusiker in Deutschland
letztendlich auf dem freien Markt behaupten müssen und sich eben
nicht wie die Kollegen der sogenannten Hochkultur in den einigermaßen
sicheren Hort von festbestallten Symphonie-, Opern-, Theaterensembles
et cetera begeben können. Insofern würde ich die Einstellung
der Arbeit des Deutschen Musikrates für einen entscheidenden und
schmerzhaften Einschnitt in unser Kulturleben empfinden.
Klaus Doldinger
Gigantisches geleistet
Unvorstellbar für mich, all das, was jetzt mit dem Deutschen Musikrat
passiert. Seit eh und je wurden dort unglaubliche Projekte auf den Weg
gebracht, wie „Jugend musiziert“, das Bundesjugendorchester,
das BuJazzO, Chorwettbewerbe, Unterstützung der zeitgenössischen
Musik, Musik an jedem Ende, initiiert, organisiert. Des weiteren Auslandsereignisse,
Austausch von jungen, aber auch älteren, musizierenden Menschen,
kurzum all das, was auf Bundesebene auf dem Gebiet der Musik geleistet
werden muss. Ich bin als Mitglied des Deutschen Musikrates stolz auf das,
was dieser in all diesen Jahren für gigantische Aufgaben bewältigt
hat.
Peter Herbolzheimer
Mehr Infos unter: http://www.nmz.de/nmz/nmz2002/xtra-dmr/
|