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„Man muss wissen, von welcher Straße man abzweigt.“ Ein Satz von Till Brönner aus einem Interview auf seiner neuen DVD „A Night in Berlin“, mit dem der Trompeter auf kluge Weise beschreibt, was er macht. Er ist von der jazzigen Seite der Straße auf den Pop zugegangen, und eine seiner Sehnsüchte sei es, sagt er weiter, immer wieder zu diesem Ursprung zurückzukehren. Darauf freut sich der Rezensent schon jetzt, denn nach wie vor gibt es keinen Trompeter aus Deutschland, der dermaßen souverän mit dem Sound seines Horns und den Changes und Licks aller Jazzepochen spielt und dabei alle Gefühlslagen und Erregungszustände von Blues bis Bebop authentisch zelebriert. Auf „A Night in Berlin“ erlebt man vor allem den „Popstar“ Brönner, den Sänger und musikalischen Beau, der seine DVD eindeutig auch an eine weibliche Hörerschaft verkaufen will. Ende April war Brönner ins Berliner Teldex-Studio gegangen, um dort mit befreundeten Musikern eine Session ohne Publikum abzuhalten. Gespielt wurde bis auf zwei Ausnahmen nur Brönner. Während David Haynes (dr), Samon Kawamura (turnbtables), Roland Peil (perc), Christian von Kaphengst (b) dem Solisten perfekt zuarbeiten, sind vor allem Brönners musikalische Zwiesprachen mit dem Pianisten und Keyboarder Roberto di Gioia und dem Gitarristen Bruno Müller von Interesse. Wie man Jazz gut verpackt, zeigt die weitere Besetzungsliste: Lan Nonnemann und Kim Sanders produzieren perfekte Background-Vocals, wobei Sanders auch als Solistin ein Podium bekommt. Ein Streichquartett produziert den seit den 60ern bekannten Sound „Jazz with strings“ – zugegebenermaßen perfekt arrangiert von Brönner. Nichts Neues also auf der neuen DVD, bekannte Zutaten sollen den Erfolg bringen. Wenn man keinen „neuen“ Jazz erwartet, dann kann man ohne Abstriche sagen: perfekt gemacht. Das Interview mit Till Brönner ist nicht nur nette Zugabe, sondern zeichnet ein aufschlussreiches Doppelporträt des Ausnahmetrompeters: Es liefert sein „offizielles“ Image, aber auch genug Subtext, um sich ein eigenes Bild über einen der wichtigsten deutschen Jazzer zu machen. Filmisch festgehalten wurde der 90-minütige Live-Mitschnitt, der im Juli schon beim Pay-Per-View-TV-Sender Premiere Direkt zu sehen war, von Grimme-Preisträger Volker Weicker. Andreas Kolb
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