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Treffpunkt einer großen Jazzgemeinde, die neben dem musikalischen Genuss auch das Gespräch mit lange nicht gesehenen Freunden oder das Festivalbier (keine Schleichwerbung!) liebt, das ist seit Jahren das besondere Markenzeichen des Viersener Festivals in der renovierten Stadthalle unweit der niederländischen Grenze. Zeichen dieser familiären Atmosphäre war immer, dass auch während der Konzerte die Flure und Bars gut gefüllt waren.
Dieses Mal war es anders, man konzentrierte sich sichtlich auf das Geschehen im Saal, egal ob es sich um populäre oder mehr strapaziöse, das heißt die Aufmerksamkeit fordernde Ereignisse handelte. Dass der angekündigte McCoy Tyner aus Krankheitsgründen nicht gekommen war, war zwar schade, tat der Qualität der beiden Abende keinen Abbruch. Da zelebrierten Tomasz Stanko und das junge Trio an seiner Seite, vor allem mit dem Pianisten Marcin Wasilewski, den Glanz des polnischen Jazz. Nur in wenigen europäischen Ländern genießt diese Musik das hohe gesellschaftliche und kulturelle Ansehen, wie sie es in dem Land zwischen Oder und Weichsel tut, immer wieder gerechtfertigt durch die Interpreten aus diesem Land. Aktuelle Kammermusik im Zeichen virtuoser Improvisationskunst demonstrierten Louis Sclavis, Henri Texier und Aldo Romano, die ihre alte und schon legendäre Trio-Begegnung offenbar erneuert haben, auch mit der Folge einer demnächst erscheinenden neuen CD. Wie sehr dieses Trio von der Form des tragenden Basses von Henri Texier geleitet wird, wurde an diesem Abend nachvollziehbar. Eine große Ausstrahlung ging von ihm aus, die dieses Konzert zu dem Höhepunkt der zwei Tage Jazz in Viersen machte. Tanja Maria, die brasilianische Stimme aus Paris, die sich in den letzten Jahren sehr rar gemacht hatte, war zu Beginn des zweiten Abends die nächste Überraschung mit einem perfekten Programm voller poetischer mitreißender Anmutungen, einer Stimme zwischen typischem brasilianischen Sprechgesang und schönen melodischen Interpretationen. Man kann eigentlich nicht sagen, dass Ravi Coltrane danach der absolute Höhepunkt war, trotz des großen Namens und dem – zu Recht – guten Ruf. Er reihte sich ein in die großartigen Auftritte dieses Programms, das sich traditionell bemüht, den vier Ebenen von Örtlichem hin zum Internationalen immer gerecht zu werden. Aber qualitätvoll war es zwischen Reminiszenzen an Vaters Balladen und Post-Bop-Meditationen. Dass da aber auch noch Nils Landgrens „Funk Union“ und Wolfgang Haffners Band „Zooming“ mit Johannes Enders für Stimmung sorgten, muss noch erwähnt werden, ganz zu schweigen von dem Geschehen auf den kleinen Bühnen, zum Beispiel mit der amerikanischen Pianistin Lynne Arriale, dem Kölner Trompetenduo Andy Haderer und Matthias Schriefl oder dem niederländischen Duo Ineke van Doorn, Gesang, und Paul van Kemenade, Saxophone. Als dann auf der Pressekonferenz verkündet wurde, dass das Festival auch im 20. Jubiläumsjahr gesichert ist –wer würde auch auf die Idee kommen, eines der Erfolgsereignisse im nordrhein-westfälischen Kulturleben in Frage zu stellen –, konnte man den Rest des Programms umso entspannter genießen. Hans-Jürgen von Osterhausen |
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