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Mein Freund Stefano, der Jazz-Produzent, ist am Boden zerstört. Ein halbes Jahr lang schwärmte er von seinem Lieblingsprojekt, der Erfüllung seines kühnsten musikalischen Traums, der Krönung seines Produzentendaseins. Endlich ist die Musik aufgenommen, 10.000 Euro hat ihn das Ganze gekostet, 5.000 für die Musiker, 5.000 fürs Studio, aber Stefano will die CD nun nicht mehr veröffentlichen. Wieso denn, frage ich, du hast doch schon alles bezahlt. Nein, sagt er, jetzt müsste er einen Fotografen engagieren, einen Liner-notes-Schreiber, einen Spitzengrafiker, dann in Promotion, Versand und Werbung investieren, alles in allem noch einmal 10.000 Euro. Wo ist das Problem?, frage ich, die CD wird die Jazz-Charts erobern! Damit sei nichts gewonnen, meint Stefano zerknirscht. Selbst wenn die CD die Jazz-Charts anführte, würde er kaum 2.000 CDs verkaufen, mit 150 pro Woche komme man ja schon in die deutschen Pop-Charts! Lizenzgebühren, Herstellungskosten, Miete usw. abgerechnet, verdiene er an einer CD gerade mal drei Euro, das Minus steigere sich also von jetzt 10.000 auf mindestens 14.000 Euro. Ach was, die CD wird der Renner des Jahrhunderts!, rufe ich, um ihn aufzumuntern. Das wäre schön, sagt er, aber ab 2.500 CDs lohne es sich doch gar nicht mehr. Dann nämlich zögen die Tantiemen rechnerisch mit der Gage gleich, es würden echte Künstlerlizenzen pro CD fällig, laut Vertrag ab dieser Auflage sogar ein erhöhter Tantiemensatz. Ihm bliebe dann nur noch ein halber Euro pro CD, sagt Stefano. Erst bei unglaublichen 10.500 verkauften CDs wäre sein Minus wieder auf die 10.000 Euro geschrumpft. Wozu also die ganze Mühe! – Wie es aussieht, wird Stefano seinen Produzententraum ganz allein im stillen Kämmerchen genießen. Vielleicht brennt er mir ja eine Kopie. Rainer Wein
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