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Ich muss mich jetzt outen... und zwar als sporadische Leserin der Zeitschrift Brigitte. Dort habe ich nämlich vor knapp zwei Jahren ein Loblied auf Lyambiko (sprich Liambiko, Betonung auf „bi“) gelesen. Von einer „herrlich entspannten Platte“ war die Rede und von einer „jungen hochbegabten“ Sängerin. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Nora Jones-CD schon heiß gehört und brauchte dringend etwas Neues zur Hintergrundbeschallung. Schnell kaufte ich „Out Of This Mood“ und war positiv überrascht: feine Jazzstandards, Swing und Latinjazz auf hohem Niveau. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass aus der sehr schlanken, auf dem Cover abgebildeten Frau wirklich diese starke Stimme kommt. Und die soll erst 28 sein? So eine Ungerechtigkeit! Fest entschlossen, sie zickig zu finden, ging ich am 23. April zum Lyambiko-Konzert im Leeren Beutel in Regensburg. Die Bühnenansage lautete: „Hier ist Lyambiko mit ihren Männern!“, was mich in meinem Vorsatz erst einmal bestätigte. Ich hatte nicht mit der hochkarätigen Bandbesetzung gerechnet, die den Abend mit swingenden Standards eröffnete. Der Schlagzeuger Torsten Zwingenberger stellte in seiner sehr charmanten Art seine beiden prominenten Mitspieler Bassist Robin Draganic („Er ist der meistbeschäftigte Bassist in Berlin und hat ungefähr 400 Auftritte im Jahr“) und den Pianist Marque Lowenthal („He seems to be so slow, but he‘s got the flow“) vor. Die drei spielten schon länger zusammen, als sie die Sängerin Lyambiko kennenlernten. Im April 2001 standen sie zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne. Erst ein Jahr zuvor hatte Lyambiko, Tochter eines Amateurmusikers aus Tansania und einer deutschen Mutter, überhaupt mit dem Jazzsingen angefangen. Zwingenberger kündigte Lyambiko an: „The queen!“ und sie betritt im langen, schwarzen Samtkleid mit glitzernder Schärpe die Bühne und genauso hört sich ihre Stimme an: weich, dunkel und strahlend. Aber ihr Spektrum ist breiter. In Erinnerung an Nina Simone singt sie „Love me or Leave me“ und überrascht mit intonationssicheren Vokalimprovisationen. Dann setzen die vier noch eins drauf mit dem Allison-Blues „Your mind is on vacation and your mouth is working overtime“. Dominierend in der zweiten Hälfte war ein funkensprühendes Medley aus Draganic’s Komposition „Holding up“, dem afrikanischen „Malaika“ und „afro blue“. Bei dieser Sängerin sitzt nahezu mit Perfektion jeder Ton an der richtigen Stelle und sie scheint eine innere Uhr für timing und Phrasierungen zu haben. Wer jetzt eine übergenaue, schön anzuschauende Anziehpuppe vor Augen hat, täuscht sich, denn Lyambiko singt weit über dem Durchschnitt, ohne routiniert zu wirken. Sie spannt den Klangfarben-Bogen von kristallklar bis kehlig-rauh und von leise bis laut, ganz ohne Anstrengung. Wahrscheinlich ist es deshalb so entspannend, dieser Formation zuzuhören: Alle vier erzeugen drive ohne Stress. Die Plattenfirma wirbt für Lyambiko mit dem Slogan „the new school of cool“. Stimmt. Eine wirklich neue Stimme unter den momentan vielen neuen Stimmen im Jazz und auch wirklich cool. Da gibt´s nichts zu meckern und zickig ist sie nicht, ... aber lachen könnte sie trotzdem mal zwischendurch oder wenigstens lächeln. Anne Thomas |
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