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Der 19jährige Andreas Haberl ist von seinem Auftreten her eine eher unauffällige Person. Ein wenig verwirrt wirkt er, in seinen Cordschlaghosen und seinem ausgebeulten Shirt, dennoch irgendwie sympathisch. Dass gerade dieser Kerl die große Hoffnung am deutschen Schlagzeugerhimmel sein soll, scheint auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich. Doch der Schein trügt: Die Formation max.bab, mit der er und seine drei Freunde und Kollegen Benédikt Jahnel (p), Max von Mosch (as, ts, ss) und Benny Schäfer (b) vor einigen Jahren noch ihre ersten musikalischen Erfahrungen in kleiner Besetzung machten, gilt unter Kennern mittlerweile nicht erst seit ihrem letztjährigen Sieg beim Bundeswettbewerb „Jugend jazzt“ als eine der ganz großen Hoffnungen in Sachen Modern Jazz. Und dass dieser noch lange nicht tot ist, bewiesen die vier beim diesjährigen Jazzweekend in Regensburg gleich mehrmals, zum einen als max.bab, zum anderen aber auch in einigen anderen Gruppierungen wie der Band der charismatischen Sängerin Shirin Al-Mousa oder dem „Baboo United“, der reformierten, ehemaligen Konzertbesetzung des Landesjugendjazzorchesters Bayern. Das Landesjugendjazzorchester übrigens sei eine der wichtigsten Entwicklungsstufen für sie als Musiker gewesen, sagt Max von Mosch heute. Allein schon die Kontakte, die sich innerhalb der verschiedenen Besetzungen der Big Band aufbauen, sind beachtlich: Ein Großteil der jungen Formationen, die auf dem Weekend zu hören waren, ist der „Landjugend“, wie die ehemaligen wie aktuellen Mitglieder „ihr“ Orchester gerne nennen, entsprungen. „Eigentlich ist das eine furchtbare Einrichtung, die nur dazu dient, eine Unmenge junger Leute davon abzubringen, etwas Anständiges zu lernen und sie dazu verführt, ihr Leben wegzuwerfen und es der Musik zu widmen!“ urteilt Benny Schäfer mit einem breiten, ironischen Grinsen im Gesicht scherzhaft über die seit Jahren sehr erfolgreich von dem Münchner Schlagzeuger und Bandleader Harald Rüschenbaum geleitete Formation. Dass es dadurch motiviert mit der Zeit ein Überangebot an Musikern gäbe, möchte Benédikt Jahnel jedoch nicht bestätigen: „So gesehen gibt es einfach nur zu wenig Musik!“ Denn ihre Leidenschaft zum Beruf machen wollen alle vier und sind auch auf dem besten Wege dahin: Jeder von ihnen ist Mitglied des von Peter Herbolzheimer geleiteten Bundesjugendjazzorchesters BuJazzO, Jahnel, Schäfer und Mosch studieren ihre Instrumente in Berlin und Amsterdam und Haberl, der gerade sein Abitur hinter sich gebracht hat und im Moment seinen Zivildienst ableistet, setzt zurzeit mit Erfolg auf reine Praxiserfahrung: Im Sommer spielt der Wolfgang-Haffner- und Dave-Weckl-Schüler als „Aushilfsdrummer“ bei Klaus Doldingers Kultformation „Passport“ mit und tritt damit in die Fußstapfen von Legenden wie Udo Lindenberg und besagtem Haffner, schon seit einiger Zeit hat er darüber hinaus regelmäßige Gigs mit Größen wie Charlie Mariano, Roberto Di Gioia und Johannes Faber. In nächster Zeit schon ein richtig breites Publikum mit ihrer eigenen Musik erreichen und begeistern zu können, erwarten die jungen Recken von max.bab laut Aussage von Schäfer jedoch erst einmal nicht: „In unsere Musik fließen zwar oft Pop-Elemente ein, ein echtes Pop-Publikum werden wir aber wahrscheinlich nicht für unseren Sound begeistern können.“ Und Jahnel fügt hinzu: „Das ist vielleicht auch einfach die Krux an Instrumentalmusik.“ Max von Mosch sieht das ähnlich: „Außer aktiven Musikern interessieren sich nur wenige Leute in unserem Alter für diesen Sound. Es ist eben kein Easy-Listening, es ist eine Musik, mit der man sich beschäftigen muss.“ Auch dass der momentane Nu-Jazz-Hype eine – auch finanziell – rosige Zukunft für die Szene und damit auch ein erweitertes Jazz-Publikum darstellen könnte, mag von Mosch nicht glauben: „Ein Großteil davon ist wahnsinnig kommerziell und eigentlich nicht mehr wirklich als Jazz zu bezeichnen. Neue Strömungen wie etwa die Khmer-Platten von Nils-Petter Molvaer mal ausgenommen dient das Meiste davon nur der reinen Unterhaltung, und das ist einfach nicht der wahre Sinn von Jazz!“
So zeigten sich auch im Laufe der zahlreichen Konzerte des Festivals zwar eine Menge viel versprechender Talente wie der Trompeter Matthias Schriefl, die momentan in Amsterdam studierende Sängerin Shirin Al-Mousa oder das in São Paolo lehrende Basstalent Mathias Engelhardt, neue Strukturen wie etwa TripHop- und Drum’n’Bass-Elemente oder abgefahrene Soundtüftler in der Tradition eines John Scofield jedoch suchte man an dem Wochenende vergebens auf Regensburgs Bühnen. Die Haupteinflüsse sind immer noch in erster Linie zum einen in der Latin-, Samba- und Popecke zu finden, zum anderen aber auch in den komplexen BigBand-Arrangements, die unter anderem Maria Schneider mit ihrem Orchester ausarbeitet und die dann oftmals ungemein druckvoll von Formationen wie zum Beispiel den bereits erwähnten Baboo United, die das Weekend am Freitagabend auf der Haidplatzbühne einläuteten, umgesetzt werden. Das Spiel, das all diese unglaublich begabten Newcomer hier an den Tag legen, kann man wohl vorsichtig als „äußerst solide“ bezeichnen, ein Begriff, der für einen „normalen“ Musiker vielleicht eine große Auszeichnung bedeutet, bei dem es den Jungjazzern aber immer wieder kalt den Rücken hinunter läuft. Denn was die Nachwuchsmusiker dieser Generation wirklich wollen, ist keine routinierte, sondern eine allzeit spannende und offene Musik. Das gelang dann an diesem Wochenende auch größtenteils, denn an Offenheit fehlte es keiner der auftretenden Bands. Und die bahnbrechenden Innovationen werden sicher dann kommen, wenn jeder von ihnen den „Ballast“ der Technik und Routine völlig hinter sich gelassen und „abgeworfen“ hat. Der Hauptpreis übrigens, den max.bab im letzten Jahr bei „Jugend jazzt“ abräumten, war neben dem Renommee, den ein solcher Preis in der Regel mit sich bringt, eine CD-Produktion, für die sich das Quartett den Münchner Ausnahmegitarristen Martin Scales als Gaststar engagierte. Und da ja bekanntlich auch das beste Produkt erst einmal an den Mann gebracht werden muss, um erfolgreich zu werden, vertreibt die Band den Silberling unter anderem über die bandeigene Homepage www.maxbab.de. Die Liner Notes stammen im Übrigen von der Saxophonlegende Charlie Mariano: „When I hear music being performed by young musicians of such high quality, then I can rest assured that jazz is in a very healthy state. We will be hearing a lot from all of them in the future.” Es scheint also ganz gut um die Zukunft des Jazz zu stehen. Sebastian Klug |
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