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Eine asiatische Prinzessin betritt die Bühne der „Memminger Meile“. Aziza Mustafa Zadeh könnte einem Märchen aus 1001 Nacht entstiegen sein. So unwirklich, so zerbrechlich, rein und schön wirkt sie mit ihrem aristokratisch scharf geschnittenen Gesicht, ihren Mandelaugen, den hingehauchten Sätzen wie „Leben ist ein Geschenk Gottes“. Die Entrücktheit in Person. Und das alles ändert sich schlagartig, wenn Zadeh sich an den Flügel setzt und ihre Finger beherzt in die Tasten greifen. Wenn sie zu singen anfängt und gar nicht mehr haucht, sondern kräftig scattet und ihr dunkles Timbre sich in die Gehörgänge drängt. Die Frau ist ein Phänomen in der Musikwelt. Im aserbaidschanischen Baku geboren, genoss sie eine klassische Klavierausbildung und hörte beim ebenso begabten Vater, wie die heimatliche Mugam (Improvisationsmusik) mit dem westlichen Jazz und Klassik zu verbinden wäre. Vater Vagif Mustafa Zadeh starb mit nur 39 Jahren bei einem Bühnenauftritt. Doch die Saat war gelegt bei der Tochter. Und die bringt Aziza nun seit rund zehn Jahren zum Blühen. Menschen, wie die Zuhörer beim Festival „Memminger Meile“, kommen so in den Genuss einer einzigartigen Mischung. Wenn Aziza spielt, klingt ein ganzer Kosmos mit: Aserbaidschan, natürlich, dann die ganze Jazztradition bis hinein in moderne Harmoniegestaltungen (Thelonious Monk und Keith Jarrett lassen grüßen), schließlich die Klassik mit der Luftigkeit Chopins, der Nüchternheit Bachs und mit dem dichten Gewebe der Spätromantik. Sie ist eine Virtuosin auf dem Klavier, keine Frage. Wobei sie sich vornehmlich dem Rhythmischen und Harmonischen verschreibt. Die Melodie vernachlässigt sie, überlässt diesen Part ihrer großartigen Stimme, die ebenfalls alles zu können scheint (selbst bei irrer Geschwindigkeit und großen Sprüngen intoniert sie teuflisch sicher). Mit leichtem Singsang entführt sie mal in asiatische Gefilde, mal macht sie mit Scat-Passagen Ella & Co Konkurrenz. Dieses Doppeltalent ist umwerfend. Eineinhalb Stunden lang ergießt sich ihre Musik wie ein Gewitterregen über die begeisterten Zuhörer. Nur einmal sucht sie nach ganz leisen Tönen. Da nimmt sie eine kleine Trommel zur Hand, klimpert mit ihren Fingern einen Rhythmus und malt eine fernöstliche Melodie mit ihrer Stimme. Dieses Timing, dieses Gefühl! Es gibt wenige Klassiker und Jazzer, die ähnlich verzaubern können. Klaus-Peter Mayr
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