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Ein Bericht aus den Archiven des Darmstädter Jazzinstituts von Arndt Weidler: Der Gründung der DJF war eine Auseinandersetzung zwischen den Hot Clubs, die sich in der Arbeitsgemeinschaft westdeutscher Hot Clubs im Herbst 1949 zusammengeschlossen hatten und dem mitgliederstärksten deutschen Jazzclub, dem Anglo-German Swing Club in Hamburg vorausgegangen. Vordergründig ging es zunächst darum, wer als erstes die Idee zur Gründung eines Dachverbandes deutscher Hot Clubs gehabt habe und dementsprechend in der weiteren Auseinandersetzung einen „geistigen“ Führungsanspruch in der Diskussion für sich beanspruchen könne.
Als der Manager des Hamburger Anglo-German Swing Clubs, Jack Martin, im April 1950 in der hauseigenen Clubzeitung einen offenen Appell an die deutschen Hot Clubs richtete, sich doch zu einer „Interessenvertretung auf breitester Basis“ zusammenzuschließen, hatte er auch bereits einen Vorschlag für einen geeigneten Namen für diese Organisation: „Wir schlagen vor, dass sich sämtliche Clubs und Personen, die sich in Deutschland ernsthaft mit dem Jazz befassen, zu einer Deutschen Jazz Föderation zusammenschließen.“ Und weiter schreibt er: „Um jegliche Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden, möge Captain Neville Powley der vorläufige Präsident werden“ (N.A. Powley ist bereits Präsident des Anglo-German Swing Clubs). Und letztlich: „Als vorläufiges Büro der Föderation schlagen wir das Büro unseres Clubs in Hamburg vor…“ Und wenngleich Martin betont, dass der Hamburger Club „trotz seiner hohen Mitgliederzahl“ keinen Führungsanspruch in der neu zu gründenden Organisation erhebt, sondern dass „allein die praktischen Möglichkeiten, die anscheinend in unseren Händen am stärksten vereinigt sind“ ihn bewogen haben, diese Vorschläge zu machen, so stößt der Elan der Hamburger einigen westdeutschen Jazzclubs doch empfindlich vor den Kopf. Mit Dieter Zimmerle aus Stuttgart, Olaf Hudtwalcker und Horst Lippmann aus Frankfurt, Dietrich Schulz-Köhn aus Köln und Hans Blüthner aus Berlin hatten sich nämlich bereits die exponiertesten Hot- Club-Vorsitzenden so ihre Gedanken über eine Interessenvertretung der deutschen Jazzclubs gemacht. Auch sie hatten im Winter 1949/50 in einem Rundbrief die deutschen Hot Clubs aufgefordert, mögliche Inhalte und Ziele eines Zusammenschlusses der Jazzinitiativen zu formulieren. Allerdings war deren Aufruf intern ergangen, so dass der forsche Auftritt der Hamburger, noch dazu mit konkreten Vorstellungen was Personal, Führungsstruktur und Organisation betraf, bei den übergangenen Experten wie Schulz-Köhn, Hudtwalcker oder Zimmerle Verärgerung hervorrufen musste. Im Herbst 1950 traf man sich zu einer so genannten „Arbeitstagung der westdeutschen Jazzclubs“, auf der die Vertreter der süd- und westdeutschen Hot Clubs unter anderem deren Grundverständnis von der Natur eines Zusammenschlusses formulierten. Sie hielten fest, dass es einer deutschen Jazzföderation nicht zuerst darum gehen dürfe, eine möglichst große Anzahl von Mitgliedern zu repräsentieren, sondern „Musikfreunde, die vom gemeinsamen Denken und Fühlen erfüllt sind, zusammenzuführen“. Selbstverständlich war dies auch als direkte Antwort auf die von Jack Martin erwähnte Betonung der Bedeutung von Größe und Infrastruktur einer solchen Organisation. Und es war eine deutliche Absage an die Führungsambitionen des Anglo-German Swing Clubs. In Hamburg hatte man durchaus verstanden: In einem offenen Brief in der Clubzeitung „Hamburg Number One“ vom Januar 1951 versuchte Jack Martin, das Vorpreschen im Jahr zuvor ein wenig zu relativieren, ohne allerdings großartig verbergen zu können, wegen der abweisenden Reaktion aus dem Süden ein klein wenig beleidigt zu sein. „Wir sind weit davon entfernt, uns zu überschätzen, und wir sind die Letzten, die glauben, dass unser Club vollkommen ist. Eine Tatsache sollte man aber nirgends übersehen. Abgesehen von den Hamburger Mitgliedern repräsentieren wir immerhin hunderte von Fans, die sich in allen Teilen der britischen Zone und vielfach auch in der französischen und amerikanischen Zone befinden. Außerdem besitzen wir als nunmehr einziger Club in ganz Deutschland ein ständiges Organ, das nach dem Fehlschlag von Frankfurt die einzige sich mit dem Jazz befassende Publikation ist.“ Er schließt mit der Feststellung, dass unter den gegebenen Umständen ein Anschluss des Hamburger Jazzclubs an eine wie immer geartete Föderation nicht in Frage komme. In einem Brief an die Jazz- und Hot Clubs versuchen Klaus Berenbrok und Albrecht Gleim vom Düsseldorfer Hot Club zwischen den Positionen zu vermitteln. Sie sehen die Gefahr, dass diese entgegengesetzt verlaufenden Bemühungen zu einer „hartnäckigen und dauerhaften Auseinandersetzung werden“ und diese die Gründung einer Föderation nach dem Vorbild des „Hot Club du France“ oder der „National Federation of Jazz Clubs“ in England letztlich verhindern könnten. Im April stellen Zimmerle, Hudtwalcker und die anderen Vertreter der süd- und westdeutschen Clubs in einem Brief an Martin noch einmal ihre Sichtweise vom Wesen einer solchen Jazzföderation klar: „…[dass sich] ein derartiges föderatives Zusammenarbeiten nach Ansicht aller Beteiligten auf der ideellen Basis des ‚Sich-zusammen-finden-wollens‘ vollziehen muss. Es gibt dabei auch keine Größenordnung, sondern ausschlaggebend ist allein die gemeinsame Grundhaltung aller gleichgesinnter Kreise, einerlei welche Mitgliedszahl aufzuweisen ist.“ Im November stellt der Hamburger „No. One Rhythm Club“, so nennt sich der Anglo-German Swing Club jetzt, in seiner Clubzeitung klar, dass die Vorbehalte gegenüber einer Beteiligung an der Föderation in erster Linie auf die ungenügende Informationspolitik der westdeutschen Hot Clubs zurück zu führen seien. Weder die Ziele noch die Strukturen der Organisation seien bislang ausreichend und überzeugend dargestellt worden. Den Hamburgern genügt die wenig konkrete Formulierung einer notwendigen gemeinsamen Haltung der Jazzfreunde nicht. Dennoch veröffentlicht man einen Aufruf zum Beitritt in die neu gegründete DJF. Denn bereits im Monat zuvor hatte die eigentliche Geburtsstunde eines Zusammenschlusses der westdeutschen und Berliner Jazzclubs auf der 4. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft westdeutscher Hot Clubs am 21. Oktober 1951 in Mülheim an der Ruhr stattgefunden. Der Stuttgarter Journalist Dieter Zimmerle wurde zum ersten Präsidenten gewählt. In der März-Ausgabe des „Internationalen Podiums“ von 1952 tritt die DJF zum ersten Mal wahrnehmbar an die musikinteressierte Öffentlichkeit. Der Vorsitzende des Hot Club Dortmund, Rolf Düdder, bezeichnet es als die vorrangige Aufgabe der neu gegründeten DJF, „den Jazz von allen Tendenzen, die aufgrund rein modischer, sensationeller, spekulativer, oberflächlicher Bestrebungen geeignet sind, dessen Interpreten zu defamieren, reinzuhalten.“ Der Verfasser eines Artikels in einer früheren Ausgabe hatte den Clubbesitzern vorgeworfen, aus rein kommerziellen Erwägungen Jazzkonzerte zu veranstalten und die Musiker zu zwingen, vor „höchst minderwertigem“ Publikum aufzutreten. Dies wollte Düdder für die DJF-Clubs nicht gelten lassen. Er beschrieb die vornehmlichen Aufgaben einer solchen Organisation: „Weiter soll durch die Föderation ein Einfluss dahingehend ausgeübt werden, dass dem Jazz als Kunstform der Nimbus der Zweitrangigkeit genommen wird.“ Zwei Monate später am 4. Mai 1952 wird die Satzung auf der Mitgliederversammlung in Düsseldorf einstimmig gebilligt. Damit konnte eine Eintragung der DJF ins Vereinsregister vorgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt gehören bereits 21 deutsche Hot und Jazz Clubs der DJF an und schon im Mai 1953 findet in Frankfurt zum ersten Mal das vom Frankfurter Hot Club und ihrem Vorsitzenden Horst Lippmann organisierte Deutsche Jazzfestival der DJF statt. Innerhalb eines Jahres nach der Gründung war es der DJF gelungen, zum unumstrittenen Sprachrohr der Deutschen Jazzszene zu werden.
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