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Jazzzeitung
2005/02 ::: seite 16
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Wow! Da hat der Autor und Herausgeber Gerhard Klußmeier ein hartes
Stück Arbeit hinter sich: die Dokumentation des Hamburger Oldtime
Jazz von 1946 (!) bis heute. Und hat damit ein starkes Stück Hamburger
Zeitgeschichte auf 18 CDs mit einem 300-seitigen Buch geschaffen.
Diese swingende, singende und stompende Musiksammlung mit rund 100 Bands
und Solisten hat mehr als einen historischen und audiophilen Bezug. Und
mehr als nur den Bezug zur Frohen und Swingenden Hansestadt Hamburg. Dieses
„Dorf an der Elbe“ war – und ist es vielleicht noch
heute – die Hauptstadt des Oldtime Jazz. Hier wurde aus Dixieland
und New Orleans der Begriff Oldtime und Hot Jazz geprägt und trat
seinen Siegeszug in den Rest der Republik an – in einer musikalischen
Aufholjagd der nicht nur Jazz-ausgehungerten Jugend der Nachkriegszeit.
Hier etablierten sich binnen kurzem eine Vielzahl von Jazz-Locations in
Kellern, Kasematten, Bunkern aber auch in bürgerlichen Lokalen. Hier
wurde Jazz zum „Nebenberuf“ von angehenden Ärzten, Anwälten
oder Kaufleuten. Und wurde zur Hauptsache und Mittelpunkt im Leben. Freunde,
Freundinnen und spätere Ehefrauen hatten sich dem bedingslos unterzuordnen
(by the way: einige dieser Veteranen spielen immer noch – und besser
als je zuvor). Aus diesem Getümmel der Anfangszeit, über die
legendäre Hamburger Szene der 60er- und 70er-Jahre bis heute hat
Gerhard Klußmeier einen audiophilen und bibliophilen Leckerbissen
geschmiedet. Hat er musikalisch geordnet, gesichtet, gelistet und verworfen.
Nicht alles konnte einer kritischen Bestandsaufnahme standhalten. So hat
er auch an eine „Hall Of Fame“ gedacht: ein Register mit über
340 Hamburger Bands, die zum Teil überall in der jungen Republik
spielten. Ausführliche discographische Angaben, Abbildungen aller
Schallplattencover, seltene Fotos und die ungekürzten Liner-Notes
der alten Langspielplatten runden die 300-seitige Dokumentation ab. Und
noch etwas Besonderes ist entstanden: ein Titelregister als musikalisches
Nachschlagewerk.
Auf 18 CDs gibt es rund 24 Stunden Musik von 102 Combos, Orchestern,
Solisten, Sängern und Sängerinnen aus der Hamburger Oldtime
Szene.
CD 1: „Swing in den Trümmern“ zeigt die Schellack-Zeit
der bis dahin verbotenen Klänge. Die CD enthält Stücke
von Interpreten, die zum Teil weltweit einen Namen hatten und haben: zum
Beispiel Kurt Edelhagen, Evelyn Künneke, Ladi Geisler oder Hazy Osterwald.
CD 2: „Aller Anfang ist schön“: Hier wird die Geschichte
der Magnolia Band, der ersten Band in Hamburg, erzählt.
CD 3: Abbi Hübner´s Low Down Wizzards bis Avalon Casino Kings
CD 4: Ballroom Orchestra bis Blackbirds Of Paradise
CD 5: Blu U 4 bis District Jazz Orchestra
CD 6: Dreamland Orchestra bis Happy Feet
CD 7: Harlem Jump bis Hots Shots
CD 8: Hühnerhaus Jazzmen bis Jazzessence
CD 9: Jazz Lips bis Jazz Train
CD 10: Jimmy Henderson Jazzband bis Louisiana Syncopators
CD 11: Martina Schmoll Swingtett bis New Orleans Quartett
CD 12: Oimel Jazz Youngsters bis Revival Jazzband
CD 13: Riverside Jazz Connexion bis Steambeat Stompers
CD 14: Steve Mason´s Frisco Jazzband bis Travellin´Jazzmen
Auf zwei weiteren CDs hören wir die Solisten, Sängerinnen und
Sänger:
CD 15: Die Solisten von Lorenz Boesche bis Axel Zwingenberger
CD 16: Die Sänger/-innen von Elke Hendersen bis Abbi Wallenstein.
CD 17 jazzige Hits aus Hamburg
CD 18 beinhaltet den „Ritterschlag“ einiger Hamburger Musiker
– ihr Zusammenspiel mit internationalen Jazzstars als ebenbürtige
Musiker. Auch ewig jugendliche Berufs-Avantgardisten und die frömmelnden
Smooth-Jünger sollten einmal in die eine oder andere CD hineinhören
– es gibt mehr zu hören als nur die „Steinzeit“
der Jazzmusik. Wesentlich mehr: den lebendigen, heißen Pulsschlag
eines Musik-Genres, das Geschichte schrieb und immer noch schreibt und
die jungen und alten Fans nach wie vor begeistert.
Hans Jürgen Stade
Gerhard Klußmeier: Swinging Hamburg, mit 18 CDs und einem über
300 Seiten starken Buch, MEMBRAN International GmbH, Bestell-Nr. 220719,
E 79,95
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