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Der Mix aus Rock, Poppigem, Groove, Weltmusik und ein bisschen reiner Lehre zieht offenbar. Trotz des auch heuer reduzierten Budgets konnten die Ingolstädter Jazztage die Auslastung der Veranstaltungen sehr zufrieden stellend gestalten. Dass der Begriff Jazz in Ingolstadt einen inneren Spagat abnötigt, ist man ja seit Jahren gewöhnt. Das zeigte sich mit dem Rockgitarristen Michael Schenker schon beim ersten Highlight. Als zweites Highlight und Headliner des Festivals hatte man Al Jarreau verpflichtet. Knapp zwei Stunden lang verausgabte sich der im ausverkauften Stadttheater mit einem Programm aus alten Hits und neuen Titeln. Zwischen „Route 66“, „Cold Duck“, „Groovin’ High“ und „The Nearness Of You“ bot er auch heuer eine große Bandbreite emotionsgeladener Stimmungen, zauberte in kürzester Zeit eine dichte Atmosphäre voller Imagination in das sachliche Stadttheater. Dieses Highlight hielt durchaus, was sich 1000 Besucher davon versprochen hatten: Live ist Al Jarreau einfach ein beeindruckender Act. Zum dritten Highlight luden die Jackson Singers mit Gospel, Pop und ein bisschen Jazz zu einem gegen Ende fast ekstatischen Fest afro-amerikanischer Spiritualität in die Franziskanerbasilika. Neben dem Süd-Blueser Ludwig Seuss, den Dreadlocks von Jahcoustix & Dubios Neighbourhood, dem erdigen Blues-Rock der Twin Dragons sowie Partystimmung mit der Soullounge gab’s beim Jazz in den Kneipen tatsächlich auch was für Jazzer: Christian Henze, p, Jan Kazda, b, und Diethard Stein, dr, boten unter dem schlichten Namen „3“ ein unaufdringlich swingendes Pianotrio und als special guest die schmeichelweich seidige Stimme des Sängers Tunja FM. Eigentlich sollte ja Michael Sagmeister mit Britta Medeiros die Kunst des Duos zelebrieren. Aber nix da! Nach einer knappen Stunde war Alles vorbei, den Künstlern war’s zu laut im Lokal: Abbruch! Andern Orts bot derweil die israelische Klarinettistin Irith Gabriely gemeinsam mit dem Akkordeonisten Martin Wagner eine lebensmutig klezmernde Weltmusikmelange. Late Night präsentierte sich noch die Brice Miller Band mit traditionellem Jazz aus New Orleans. Schade für die erste der beiden Jazzparties, denn zwei mit großer Vorfreude erwartete Künstler mussten absagen. Luis di Matteo und Misha Alperin waren kurzfristig schwer erkrankt. Arkady Shilkloper und Sergey Sarostin gelang es freilich, auch als Moscow Art Duo Musik von hoher Originalität zu bieten. An Stelle von Luis di Matteo bot man die die Vokalistin Carolyn Leonhart alias Lyn Leon auf, eine Sängerin mit dem Flair einer betörend kühlen Eisprinzessin, was um so mehr zur Geltung kommt in dem perkussionistischen Klangbett, mit dem die Glas-Lounge sie umhüllt. Auch die unschuldig-sinnliche Stimme Silje Nergaards konnte in Ingolstadt jede Menge Zauber entfalten. Jasper van’t Hofs Pili Pili bewegte die Fans mit der groovenden Mischung aus Funk-orientierter Avantgarde und afrikanischen Roots, die dem holländischen Keyboarder seit nunmehr über 20 Jahren einen weltmusikalisch psychotropen Brückenschlag ermöglicht. Spät Abends kam dann noch Brice Miller, dem zu Beginn der Jazzparty der diesjährige Jazz-Award der Stadt Ingolstadt verliehen worden war, zu einem weiteren Auftritt. Funky-Town an der Donau bei der 2. Jazzparty mit Mike Stern, Mezzoforte und Mr. Red Horn Nils Landgren. Der hauchte after midnight mit seiner Funk Unit den Songs von Abba jede Menge Groove und Leben ein. Auch Tradition und Avantgarde kamen zu ihrem Recht. Masha Bijlsma stellte einmal mehr ihre Klasse als Sängerin unter Beweis. Joel Harrisons Projekt „Free Country“ war qualitativ gesehen sicher das eigentliche Highlight. Der New Yorker Gitarrist entkleidet traditionelle Melodien aus dem kollektiven US-amerikanischen Gedächtnis ihrer vordergründigen pseudoromantischen Klischees. Die ursprüngliche schlichte Schönheit der Songs wird zu schöpferischer Lust befreit und mit improvisatorischer Klasse neu beseelt. Das führt über bereits Gehörtes weit hinaus: Der interessanteste Input der ganzen Jazztage! Elke und Tobias Böcker |
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