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Wer hat schon eine Legende wie Joe Sample im Vorprogramm? Der hat seit 40 Jahren bewiesen, wie man locker neben der reinen Lehre des Jazz sehr erfolgreich sein Klavierspiel vergolden kann. Crusaders hieß die Band, die mit Soul, R&B und Rockjazz mehr als nur flirtete. Barry White kam nie ohne ihn aus. Tina Turner, Diana Ross, Marvin Gaye, Eric Clapton und Joe Cocker holten ihn. Und nun Till Brönner. Klar macht er es selbst und moderiert charmant und voller Superlative seinen Gaststar an. Bei der Gelegenheit kann er gleich fragen, ob man ihn nachher gut wird sehen können, wenn er sein Räuberzivil getauscht hat und wieder kommt. Zunächst aber sitzt Joe Sample allein am Flügel. 65 ist er inzwischen und gerade hat er seine allererste Soloplatte aufgenommen („Soul Shadows“). Die schaut zurück in goldene Zeiten des Kneipenklaviers und transportiert das in den sauberen Konzertsaal. Weißt du noch? Jelly Roll Morton wollte den Jazz erfunden haben und Klavierspielen war noch wie ein Duell. Harlem, Boogie-Woogie und Ragtime. Scott Joplin, Fats Waller, später dann Benny Goodman und der Broadway. Joe Sample führt durch sein Museum, fitter Anschlag, heftige Wechsel und doch hat das alles Staub angesetzt mit den Jahren und der wird eine halbe Stunde lang ein Bisschen umverteilt. Dann muss das Klavier neu gestimmt werden, denn Till Brönner kommt. Die Oper ist seit Wochen ausverkauft, weil der 33-jährige Rheinländer aus Berlin momentan der einzige Superstar des deutschen Jazz ist. Dazu hat er seine Musik sehr genau kalkuliert und in Richtung Pop verraten. Liebt ihr mich auch alle, scheint er mit jeder Geste zu fragen. „Jetzt ist es soweit“, sagt er dann tatsächlich, als er die Bühne betritt. Er strahlt, die Leute tun es auch, und im letzten Sommer war er sogar in den Charts. Man redet wieder über Jazz, auch wenn er bei Till Brönner höchstens noch am Rande vorkommt. Das alles ist nicht schlimm, im Gegenteil. „That Summer“ heißt die Platte. Das Finale der zugehörigen Deutschlandtour erreichte Halle. Es wird warm ums Herz, die Trompete ist gestopft und wird bald gegen das tiefere Flügelhorn getauscht. Das klingt dunkel, schwül und verhangen, beginnt mit Bossa Nova, wird richtig gut bei Billy Joels richtiger Schnulze „Just The Way You Are“ und richtig banal bei Kermits Sesamstraßensong „Being Green“. Brönner singt sanft schwebend und bittersüß. Das ist eitel Sonnenschein, chic, sehr versiert und soll vor allen Dingen nicht nerven. Brönner will allen gefallen und er tut es. Dabei zerfasert ihm das Konzert im Fortgang der Ereignisse. Aber auch das ist nicht schlimm, wenn man eine derart exzellente Begleitband um sich hat. Schlagzeuger Wolfgang Haffner ist an Subtilität, Drive und Zugriff unübertroffen, mit Keyboarder Roberto di Gioia gibt er ein eingespieltes Dreamteam. Gitarrist Bruno Müller spielt enorm griffig seine funky Gitarre. Darüber wird man bald vergessen, wie der Abend fast ins Bodenlose gestürzt wäre, als Backgroundsängerin Kim Sanders nach vorn trat. Till Brönner, der feine Trompeter, ist ein Entertainer von Gnaden. Und wenn an diesem umjubelten Abend immer wieder die Spielfreude durchbrach, hörte man, was sein könnte. Und weil er sich das auf seinen Platten kaum noch gestattet, musste man hingehen. Ulrich Steinmetzger |
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