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Jazzzeitung

2005/02  ::: seite 9

jazz heute

 

Inhalt 2005/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / no chaser
no chaser:
An den jungen Kollegen, E-Mail 2
all that jazz:
Wer gehört dazu, wer nicht
jazzfrauen-abc: Barbara Dennerlein
farewell: Pete Jolly Zum Gedächtnis / Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...


TITEL / DOSSIER


Titel: Standards runderneuert
Cécile Verny kennt ihr „European Songbook“ nur allzu gut
Dossier. Ausbildungsstätten in Deutschland
Übersicht (als PDF-Datei 47 KB)


BERICHTE


Total Music Meeting in Berlin // Herbstprogramm des Jazz e.V. Dachau // Till Brönner in Halles Jazz in der Oper // 21. Ingolstädter Jazztage // EUPHORIUM_freakestra in der naTo Leipzig // Abbi Hübner und seine Low Down Wizards // 20. Geburtstag einer Regensburger Jazz-Institution


 JAZZ HEUTE


Jazz ist Freiheit
Der Jazz und die Politik
Bei Audi horcht man Jazz
Peter Tropschuh im Gespräch über das Audi Forum Ingolstadt
Die Jagd nach Birds Saxophon
Martin Schüller schreibt Kölner Jazz-Krimis
Richard Wagner und der Jazz

Ein Leserbrief zu „all that jazz“


 PORTRAIT / INTERVIEW


Norbert Stein // New Orleans Bohemien // James Moody // Dianne Reeves und Bobby McFerrin über Vokaljazz


 PLAY BACK / MEDIEN


Playback.
Jazz ab 1946: ein Jazz-musikalisches Porträt der Hansestadt
Medien. Aufnahmen mit dem Sunday Night Orchestra und Efrat Alony
CD. CD-Rezensionen 2005/02
Bücher. George T. Simon: Die goldene Ära der Big Bands
Bücher. Neuauflage des „Rough Guide Jazz“
Noten. Neue Noten für Saxophon, Trompete, Piano und Gitarre
Instrumente. Vox-Valvetronix-Verstärker
Medien. link-tipps


 EDUCATION

Abgehört 31. Das Wynton Marsalis Quartett und Duke Ellingtons „Caravan“
Pianist, Komponist, Lehrer
Gespräch mit Klaus Ignatzek
Workshops // Ausbildungsstätten in Deutschland (pdf)


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2005/02 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (342 kb))

Die Jagd nach Birds Saxophon

Martin Schüller schreibt Kölner Jazz-Krimis

Jazz und Verbrechen, Jazz und Drogen – wir kennen das alles aus New Orleans, Kansas City, Chicago, Harlem. Aber in Deutschland? Jazz und die Kölner Halbwelt, Jazz und Mord am Rhein? Eine für Jazz-Puristen schwer erträgliche Verbindung. Doch Martin Schüller, geboren 1960 in Haan bei Düsseldorf, seit zehn Jahren in Köln lebend, davon fünf Jahre als Taxifahrer („nachts, da lernt man eine Stadt kennen“), würzt seine beiden Köln-Krimis „Jazz“ und „Verdammt lang tot“ mit exakter Ortsbeschreibung, intimer Kenntnis der Kölner Jazz-Szene, peniblen Halb- und Unterwelt-Recherchen, so dass „Kansas City am Rhein“ als durchaus möglich erscheint.

Ein gutes Auge für Jazz and Crime: Autor Martin Schüller. Foto: Emons

Ein gutes Auge für Jazz and Crime: Autor Martin Schüller. Foto: Emons

Im Gespräch in der „Alten Feuerwache“ im Agnes-Viertel sinniert Martin Schüller, dass in Europa der Jazz eigentlich von jeher eine „bürgerliche Musik“ gewesen, immer als Kunst angesehen worden sei, mit der kein Geld zu verdienen wäre, ganz anders in den Staaten, wo der wirklich wichtige Jazz, zumindest bis in die vierziger Jahre hinein, immer in Städten geblüht und sich weiter entwickelt habe, in denen auch das Verbrechen an der Tages- oder besser: Nachtordnung gewesen sei. Die Besitzer der Clubs, in denen der Jazz die Begleitmusik zu verbotenem Glücksspiel und Alkoholausschank geboten und manchen Schuss übertönt habe – waren das denn nicht die Gangsterbosse? – fragt Schüller augenzwinkernd. So sei ihm auch die Figur eines Kölner Kredithais eingefallen, der Krimineller und zugleich Jazz-Fan sei, wenn auch erfolglos als Plattenproduzent.

Eines der Opfer dieses Wucherers mit der Schwäche für Jazz ist Jan Richter, der Held beider Romane, im ersten hochverschuldeter Besitzer des Jazz-Clubs „Blue Moon“ in Köln-Nippes im zweiten kaum erfolgreicher mit seinem „Blue Moon of Lissabon“– ein ewiger Loser, trinkfest, dabei sportlich, ewig flitzt er auf Fahrrädern durch den rheinischen Regen, eine ehrliche Haut, doch durch eigenes Ungeschick und höheres Schicksal in kriminelle Verwicklungen schliddernd. „,Nobody loves you, when you’re down and out…‘ sang Billie Holiday. Jan ging zum Verstärker und drehte die Musik leiser.“

In „Jazz“ jagt Jan Richter einem Saxophon nach, das angeblich Charlie „Bird“ Parker während seiner Pariser Zeit gehört hat und auf mysteriöse Weise verschwunden bleibt. Ein amerikanischer Star-Saxophonist würde das legendäre Instrument als Honorar für ein Konzert im „Blue Moon“ akzeptieren, und Jan Richters Club wäre gerettet. Aber zu viele Leichen verbleiben während der Jagd am Wegesrande oder im Rhein.

In „Verdammt lang tot“, eine Adaption des Erfolgstitels „Verdamm` lang her“ der Kölschen Rockband BAP, geht es um die Reunion eines vor 30 Jahren im Kölner Raum erfolgreichen avantgardistischen Sextetts. Jan Richter kann dem Auftrag des Posaunisten und Leaders dieser Band nicht widerstehen, die übrigen Band-Mitglieder aufzutreiben. Die Gruppe hatte sich nach dem ungeklärten Tod des Saxophonisten aufgelöst. Dieses Geheimnis – war es ein Unfall, war es Mord? – vereitelt letztlich die Wiederbelebung der Band. Alle früheren Mitglieder der Truppe haben etwas zu verbergen, das mit dem Tod ihres Kollegen in Verbindung steht. Am Ende erscheint der geborene Loser noch als Lichtgestalt inmitten schräger Typen.

Martin Schüller kam über die Musik zum Schreiben. In seiner Jugend spielte er Schlagzeug in „gehobenen Amateurbands“, die sich an Herbie Hancocks „Headhunters“ orientierten und sich auch an Free Jazz heranwagten, mit Zwanzig aber fand er diese Musik als zu „elitär“, weil sie „aber einfach nicht groovte, einfach nicht abging“, und er retirierte mit Schlagzeug, Gitarre und Lead-Gesang zur Rockmusik, mit der er – „aber nur zum Spaß“ – heute noch auftritt. Rockmusik ist auch das Leitmotiv in seinem Krimi „King“, einem gründlich recherchierten Zeitporträt um den Deutschland-Aufenthalt von Elvis Presley. Doch vom Jazz, von Musik überhaupt versteht er eine Menge, und einige seiner Er- und Bekenntnisse leiht er seinem Helden Jan Richter.

Hier nur ein Beispiel: „Anthony Braxton hatte ganz allein mit seinem Altsaxophon auf der Bühne des ‚Studio Beginner‘ in (Köln-)Zollstock gestanden. Braxton hatte nicht ein einziges Wort zum Publikum gesagt, er hatte die Bühne betreten, sich kurz verbeugt und zu spielen begonnen. Für neunzig Minuten war da nichts außer einem Mann und einem Saxophon und einer Musik, die Jan umgehauen hatte. Zum ersten Mal hatte er gefühlt, dass in Musik, im Jazz, Sachen passieren können, die schlichtweg nicht zu erklären sind...“

Schüller hatte – zusammen mit seinem Schul- und Jugendfreund Klaus König, dem profilierten Komponisten und Bandleader – Anthony Braxtons atemberaubendes Solo in der Wuppertaler „Börse“ gehört, und die Begeisterung hallt noch heute nach, wenn er erzählt: „Wir waren fertig, es war unfassbar, was der da an musikalischer konzentrierter Energie von der Bühne gebracht hat, das war unglaublich, das habe ich vielleicht nur zwei-, dreimal erlebt. Da ist mir richtig klar geworden, was die Kunst im Jazz ist und was der Jazz wirklich kann. Und mir ist aber auch klar geworden, wie ganz viele es eben nicht können und trotzdem Jazz machen.“

In Köln geht Martin Schüller, so wie sein Held, immer wieder gern ins „Metronom“ in der Weyerstraße, „der coolste Laden in der Stadt“, wie es im Roman einmal heißt, auch wenn dort „die Entwicklung des Jazz ... Ende der achtziger Jahre für beendet erklärt“ worden war. Aber die vom amerikanischen Wirt Chris hinterm Tresen verwaltete einmalige LP-Sammlung (keine CD’s) sichert „für die nächsten Jahrzehnte eine hochklassige Beschallung“ und – so Stammgast Schüller anerkennend – „da läuft immer gute Musik, was man von kaum einem Laden sagen kann, das ist das Tolle am ‚Metronom‘, das damals“, fügt er schmunzelnd hinzu, „als ich ‚Jazz‘ schrieb, mehr oder weniger mein Wohnzimmer war“.

Dietrich Schlegel

Buch-Tipps
Martin Schüller: Jazz, Köln Krimi 18, 2002; Verdammt lang tot, Köln Krimi 25, 2004, beide e 9,-; erschienen im Emons Verlag, Köln


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