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Jazzzeitung
2005/02 ::: seite 22
education
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Klaus Ignatzek stammt aus Wilhelmshaven, geboren wurde er am 04. November
1954. 1962 begann er im Alter von acht Jahren mit Klavierunterricht. Von
1975 bis 1981 studierte er an der Universität Oldenburg Musik und
Sport, 1981 an der Arizona State University bei Chuck Marohnic. 1984 schloss
sich ein Privatstudium bei Richie Beirach, Dan Haerle, Jim McNeely sowie
ein Workshop bei Jamey Aebersold und Dave Liebman an, 1987 einer bei Herbie
Hancock am Mozarteum in Salzburg. 1991 wurde Klaus Ignatzek für seine
schöpferische Leistung das „Niedersächsische Künstlerstipendium“
verliehen. 1995 wurde seine Jazz-Piano-Schule „Die Jazzmethode für
Klavier, Band I“ beim Schott-Verlag und 1998 „Jazz Klavier
Blues“ beim „ConBrio“ Verlag veröffentlicht. In
diesen Lehrbüchern spiegelt sich seine mehr als 20-jährige Unterrichtserfahrung
an der Universität Oldenburg wider, die er auch regelmäßig
in Workshops weitergibt.
Jazzzeitung: Du hast Musik und Sport studiert. Wolltest du damals
schon Musiker werden?
Klaus Ignatzek: Mich hat immer beides sehr interessiert, aber ich
habe nie gedacht, dass ich Musiker mal als Beruf machen könnte. Ich
habe auch nie vorgehabt, Lehrer zu werden, aber ich wusste nichts Besseres.
Darum habe ich erst mal mit diesem Studium angefangen. Dann bin ich gleich
in die „local hero-Band“ eingestiegen. Ich wusste damals wenig
Theoretisches, aber ein Musiker in der Band konnte mir das alles gut erklären.
So ging alles weiter und mir wurde dann klar, ich will es auf jeden Fall
probieren, mich mit Musik durchzuschlagen. Wenn es dann nichts wird, mache
ich mir später nie Vorwürfe, dass ich es nicht versucht habe.
So hat es sich dann immer weiter entwickelt.
Jazzzeitung: Du warst dann aber doch noch Lehrer, oder?
Ignatzek: Ich hatte das Glück, an der Uni in einem Modellversuch
„einphasige Lehrerausbildung“ zu sein; das heißt, die
Referendarausbildung war im Studium integriert, sodass man nur ein halbes
Jahr in der Schule tatsächlich unterrichten musste. Das war ein Glücksfall,
weil ich so alles abgeschlossen habe. Das ist eigentlich auch meine Art,
dass ich Dinge dann auch zu Ende führe. Aber währenddessen war
mir schon klar, dass ich das nicht weiter machen will, weil ich schon
zwei Jahre vor Abschluss des Studiums eine halbe Planstelle an der Musikschule
Oldenburg hatte, die als erste in der Bundesrepublik Jazz und Pop eingeführt
hat. Das war für mich die Versicherung, dass ich das abschließen
konnte. Und da ich nur zwei Tage unterrichtete, hatte ich viel Zeit zum
Üben. Das Referendariat, wie es normalerweise üblich ist, hätte
ich nie gemacht.
Jazzzeitung: Auch wenn du nie ein „richtiger“ Lehrer
geworden bist, hast du mit dem Unterrichten immer weiter gemacht. Was
reizt dich daran?
Ignatzek: Es gibt zwei Gründe. Wenn man anfängt, ist
es ein pragmatischer Grund, weil man tut, was man gerne selber macht und
es weitergeben kann. Man hat also auch eine ökonomische Sicherheit
dabei, das muss ja auch sein. Wobei es aber keine entfremdete Arbeit ist;
ich habe durch das Unterrichten auch eine Menge gelernt, weil es immer
wieder andere Probleme, andere Fragestellungen gibt. Man setzt sich dann
mit der Vermittlung sehr stark auseinander und das hilft einem auch selber
beim Verständnis dieser Musik, auch intuitiv danach. Das andere ist:
Man sammelt dabei so viele Erfahrungen, dass es dann auch Spaß macht,
allerdings nur, wenn man nicht 30 Stunden unterrichtet. Ich mache es jetzt
einen Tag und unterrichte auch in Kursen, gebe also nicht nur Einzelunterricht.
Es macht mir Spaß, mit Studenten zu arbeiten. Und es gibt natürlich
eine gewisse Sicherheit, es lässt einem alle Freiheiten, eigene Dinge
zu machen. Jedenfalls da, wo ich tätig bin, an der Universität,
an der ich schon zwanzig Jahre unterrichte, kann ich mir das einteilen.
Das ist schon so selbstverständlich geworden, dass ich darüber
gar nicht weiter nachdenke. Die Arbeit mit Workshops hat dazu sehr zugenommen.
Das ist sehr spannend, weil man da Leute hat, die selber schon professionelle
Erfahrung gesammelt haben oder Profis werden wollen, oder völlig
heterogene Gruppen, in denen solche sind und Anfänger, teilweise
14-Jährige mit 60-Jährigen zusammen. Da macht man gruppendynamische
Erfahrungen, die einem selber auch viel bringen, wenn man sich damit auseinandersetzt.
Ich halte auch die Erkenntnis für sehr wichtig, dass jeder Mensch
auch andere Wege des Lernens hat, dass man nicht nur den einen Weg geht,
der für einen selber wichtig war.
Jazzzeitung: Dazu passt ja auch, dass du selber zwei Klavierschulen
geschrieben und veröffentlicht hast, bei der einen steht ja der zweite
Band noch aus.
Ignatzek: Der zweite Band ist dem amerikanischen Pianisten Andy
Laverne zugesprochen worden, aber da hat sich in den letzten Jahren nichts
bewegt, sodass vielleicht doch noch der Band zwei durch mich entstehen
könnte. In meinem Buch bei Schott geht es darum, Grundlagen des Jazz
zu verstehen, Voicings, das harmonische Verständnis, wie Akkorde
zu legen sind, aus denen jeder Pianist seine eigene Welt entwickeln kann.
Das betrifft jeden Jazzmusiker, nicht nur Pianisten. Das andere Buch habe
ich mit meinem Kollegen Herbert Wiedemann gemacht, das ist ein ganz anderes
Konzept, für Bluesimprovisationen. Das spricht nicht Jazzmusiker
oder werdende Jazzmusiker an, sondern Musikschullehrer, die eben keine
Jazzerfahrung haben, die sich nicht drei Jahre mit Jazztheorie beschäftigen
wollen, sondern eher vom Praktischen her kommen, weil sie unterrichten
können. Da geht es um praktische Hinweise, was wichtig ist für
diese Sache. Wir sitzen auch an einem neuen Buch, welches das gleiche
Konzept für Jazzklavier verfolgt.
Jazzzeitung: Solche Probleme haben ja häufig auch Schulmusiker,
die keine Jazzer sind, besonders an Realschulen und Gymnasien.
Ignatzek: Das ist das Gute am Musikstudium an der Universität
in Oldenburg. Es studieren da nur Schulmusiker, aller Schulstufen. Die
müssen alle 50 Prozent improvisierte Musik studieren, das ist mit
der klassischen Musik gleichwertig und nicht alibimäßig, und
sie müssen in der Prüfung auch improvisieren. Das ist Klasse,
denn letztlich ist es ja der Schulalltag, dass es ganz anders aussieht,
als das, was normalerweise an anderen Musikerschulen abgeliefert wird,
die eigentlich Musiker ausbilden und nicht Lehrer. Didaktisch passiert
da fast nie etwas oder nur alibimäßig und Popularmusik im weitesten
Sinn gibt es gar nicht.
Jazzzeitung: Deine eigene Ausbildung hast du ja erst mit 30 bei
Richie Beirach abgeschlossen.
Ignatzek: Man ist natürlich immer dabei weiterzulernen. Dadurch,
dass ich nicht sehr früh daran dachte, Musiker werden zu wollen oder
zu können, hat sich das entwickelt. Ich hatte das Glück, nach
meinem Studium einen Pianisten kennen zu lernen, welcher der Leiter der
Jazzabteilung der Arizona State University war, keiner typischen Jazzstadt.
Aber ich hatte die Gelegenheit, dort einige Monate bei ihm zu leben und
dort zu studieren. Am ersten Tag hatte ich gleich drei Auftritte mit den
verschiedensten Leuten der Hochschule. Ich habe dadurch eine Menge lernen
können. Das habe ich in Workshops weitergeführt; unter anderem
habe ich bei Richie Beirach in New York Unterricht genommen und bei Herbie
Hancock eine Masterclass besucht, die vor allem von der Menschlichkeit
her wichtig war, weil Hancock eine tolle Atmosphäre unter den Pianisten,
die da waren, geschaffen hat. Die richtige Arbeit passiert aber nicht
in den Workshops, sondern man muss das danach umsetzten, üben, üben
und üben.
Godehard Lutz
Workshops Jazzklavier & Improvisation mit Klaus Ignatzek in Oldenburg:
5./6. März, 23./24. April 2005
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