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E. Dieter Fränzel/JAZZ AGe Wuppertal (Hg.): sounds like whoopataal – Wuppertal in der Welt des Jazz, Klartext Essen, 2006 Wieder ein Ort, der seine eigene Jazzgeschichte nun zum Besten gibt, mag man denken, wenn man das Buch mit dem schönen, auf Ereignisse im Leben von Peter Kowald zurückgehenden Namen „sounds like woopataal“ in die Hand nimmt. Und dann kommt die angenehme Überraschung: Natürlich beschäftigt sich die Wuppertaler Jazzgeschichte wie alle anderen auch damit, wie man in der mittelgroßen Industriestadt an der Wupper und der Umgebung bis nach Remscheid und Solingen überhaupt zum Jazz kam. Dass er nach dem Krieg ein Medium war, mit dem man sich in eine neue Zeit begeben konnte, sich von der unseligen Geschichte, in deren Trümmern man heranwachsen durfte und auch von der fehlgeschlagenen Welt der Eltern trennen konnte, all das wird hier apostrophiert und kann man auch bis heute nicht oft genug sagen, wo doch immer wieder Zweifel daran berechtigt sind, ob die etablierte Kulturwelt wirklich die Bedeutung dieser innovativen Musik erkennt, akzeptiert und nachvollzieht. Zwei Themenkreise sind es, die dieses vorzügliche Buch zu einem
wichtigen Dokument der Zeitgeschichte machen: Auch die Nachkriegsgeschichte kommt nicht zu kurz, zum Beispiel die des blinden Sängers und Pianisten Wolfgang Sauer, der Kind dieser Stadt war, oder die Tatsache, dass jemand wie Kenneth Spencer zwischen 1954 und 1964 seinen Lebensmittelpunkt dorthin verlegte. Zum anderen steht im Mittelpunkt des Buches, dass Wuppertal eine der „Brutstätten“ des europäischen Free Jazz war, ein Thema, das in der Musikpublizistik angesichts der überragenden und natürlich bis heute und darüber hinaus anhaltenden und fortdauernden Bedeutung dieser besonderen Kunstgattung viel zu selten behandelt wurde und wird. Seine Wuppertaler Protagonisten Peter Brötzmann, Peter Kowald, Hans Reichel und darüber hinaus deren Fan John Corbett kommen ausführlich zu Wort. Wie die Kölner, die Frankfurter oder die Dortmunder Jazz-Geschichte gehört dieses Buch in die Hand eines jeden an der Weiterentwicklung der Musik und Kultur generell interessierten Menschen, um auch all denen, die im Wuppertaler Musikleben vielleicht heute nicht mehr ihre geschätzte Musik finden, einen Hinweis zu geben, wie es zu der großartigen Wuppertaler Musikgeschichte kommen konnte. Das Buch ist vor allem ein großer Verdienst von E. Dieter Fränzel, der von Anfang an dabei war, vieles persönlich im Lauf der Jahrzehnte beigetragen hat und nun zusammen mit einem großen Team seinen Traum der Dokumentation des Musiklebens auch noch selbst in die Hand nehmen durfte. Ein Blick auf den kleinen Berg der nun vorliegenden Jazzgeschichten lässt allerdings auch den Wunsch entstehen, in Zukunft einmal die in diesen Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse zu einer neuen Jazzgeschichte des Landes zu verarbeiten, in der dann nicht, wie in einem der Vorworte geschehen, unterschieden werden muss zwischen den vielen kleinen städtischen Jazzgeschichten und den vermeintlichen Zentren des Jazz in Deutschland, bei denen seltsamerweise wieder die Big-Band-, Free-Jazz- und Stadtgarten-Stadt Köln mit der ersten deutschen Musikhochschule mit Jazz-Studiengang fehlt. Hans-Jürgen von Osterhausen |
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