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Jazzzeitung

2006/09 ::: seite 13

portrait

 

Inhalt 2006/09

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
Wein und Musik


TITEL


Wer lächelt, liegt richtig
Der Schlagzeuger Harald Rüschenbaum im Portrait


DOSSIER
- Geschichte

Die Weintraubs Syncopators
Zum 25. Todestag von Stefan Weintraub am 10. September 2006


BERICHTE
/ PREVIEW

Jazz an der Donau || 50 Jahre Menuhin Festival in Gstaad || Jamie Cullum im Audi Forum in Ingolstadt || Das Jazzbaltica Festival 2006 || Fazit des 25. Münchner Klaviersommers || Anne Lieberwirth Quartett gastierte im Berliner A-Trane || Das 16. Rudolstädter Tanz- und Folkfest || Herbie Hancock im Ulmer Zelt
Preview: Veranstaltungshinweise


 PORTRAIT / INTERVIEW

Der Schweizer Pianist Nik Bärtsch || Pianist Stefano Bollani || John Coltrane „Live At Birdland“

 JAZZ HEUTE

Mehr als Ostalgie: Comeback für Peitz
Jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg lässt DDR-Jazzfestival aufleben


 PLAY BACK / MEDIEN


James Last
und Mackie Messer
Re-Issues für Sammler

Oliver Nelson bei Impulse, Klaus Doldinger bei Philips
CD.
CD-Rezensionen 2006/09
CD. Scheffners Liste
Bücher: Wuppertaler Jazzgeschichte in Wort, Bild und Ton
Bücher. Neue Jazzbücher aus Deutschland, Tschechien und den USA
Noten. Jazz nach Noten für Gitarre, Klavier und Klarinette
Instrumente. News


 EDUCATION

Ausbildung. Ausbildungsstätten in Deutschland - Fortbildungen, Kurse (pdf) (62 kb)
Abgehört 43. Teil III Dave Hollands Solo über „Iowa City“
Die FIFA und der Jazz
Cologne Jazz Night im WM-Kulturprogramm


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2006/09 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (150kb))

Lachender Artist am Klavier

Zwei neue CDs belegen die Ausnahmestellung des italienischen Pianisten Stefano Bollani

Mit enormer Produktivität, mediterraner Spiellust, außergewöhnlicher Vielseitigkeit und feinsinnigem Humor hat sich der 34-jährige Mailänder Stefano Bollani in wenigen Jahren in die erste Garde der europäischen Jazzpianisten gespielt. Ob mit Landsleuten wie seinem Mentor, dem Trompeter Enrico Rava, und dem Orchestra della Toscana mit nordischen Kollegen wie Stian Carstensen oder dem modernen Komponisten und Regisseur Heiner Goebbels, ob solo, in kleiner Besetzung oder mit BigBand, stets gibt er dank seines Einfallsreichtums und seiner brillanten Technik eine glänzende Visitenkarte ab. Dass er keine stilistischen Grenzen akzeptiert und diverse Klangkulturen von der Romantik bis Satie, von Monk bis Modern Jazz und von Latin-Rhythmen bis zu mediterraner Folklore sinnvoll verbinden kann, demonstrieren auch seine neuesten Einspielungen, über die er sich mit der Jazzzeitung unterhielt.

Foto: Roberto Masotti/ECM

Bild vergrößernFoto: Roberto Masotti/ECM

Jazzzeitung: In Deutschland erscheinen jetzt zwei CDs von dir fast gleichzeitig: Das Doppelalbum „I Visionari“ auf dem französischen „Label bleu“, das nun wieder einen deutschen Vertrieb hat, und dein Debüt unter eigenem Namen „Solo Piano“ bei ECM. Ist das Kalkül oder Zufall?
Bollani: Zufall, bei den Veröffentlichungsdaten kann man ohnehin selten mitsprechen. „I Visionari“ war drei Monate fertig, bevor ich für ECM ins Studio gegangen bin. Außerdem sind es komplett unterschiedliche Geschichten. „I Visionari“ ist das Ergebnis von zwei Jahren Arbeit mit meiner Band, dem Quintett. Da sind so viele Songs entstanden, wir hätten leicht ein Triple Album machen können. Es ist eben ein kontinierliches Projekt. Für ECM hingegen war ursprünglich eine klar umrissene Idee vorgesehen: ein Tribut an Prokofieff. Ich liebe es ja, mir als Komponist einen Käfig zu bauen, aus dem ich dann als Pianist ausbreche. Doch dieser Käfig war eindeutig zu klein, das habe ich beim Aufnehmen ganz schnell gemerkt. Also spielte ich, was mir in den Sinn kam, instant composing. Dazu kamen dann Stücke vom „Maple Leaf Rag“ von Scott Joplin bis zu Brian Wilsons „Don’t Talk“. Das Repertoire war nicht geplant, es hat sich einfach ergeben. Eine Prokofieff-Interpretation ist dann übrig geblieben, das Thema aus dem Klavierkonzert Nr. 1, zweiter Satz.

Jazzzeitung: Hat dein Produzent Manfred Eicher da nicht schlucken müssen?
Bollani: Er hat schnell gesehen, dass es mit dem ursprünglichen Konzept nicht klappen würde und war schnell mit meinen Improvisationen einverstanden. Manfred ist ja ein besonderer Produzent, er steckt in der Musik und kann wirklich etwas Konstruktives beitragen. Außerdem hat er einen Sinn für Stimmungen. Wir haben in Lugano im Studio des Schweizer Radios aufgenommen, kein klassisches Studio, eher ein leerer Konzertsaal. Da stand der vielleicht beste Flügel, den ich je gespielt habe.

Jazzzeitung: Vor dem Jazz kam bei dir der Populäres, du hast Pavarotti begleitet und warst Keyboarder bei Jovanotti. Warum hast du ein sicheres Auskommen aufgegeben?
Bollani: Erst einmal mag ich den Pop-Zirkus nicht, das ganze Ambiente und den Zwang, immer wieder das Gleiche zu spielen. Abgesehen davon verdiene ich als Jazzer unter meinem eigenen Namen weit mehr als als Keyboarder von Jovanotti. Besonders, weil ich ein schlechter Keyboarder war. Wenn ich ein wildes Solo spielte, hat jeder noch ,ah’ gesagt, aber zusammen mit der Band war ich miserabel. Zum Glück traf ich damals Enrico Rava für einen Gig in Paris. Der sagte zu mir wie ein Vater: „Warum spielt du diesen Pop?“

Jazzzeitung: Trotzdem hast du keine Berührungsängste.
Bollani: Nein, natürlich nicht. Ich denke selbst in Melodien. Ich liebe die kleine Form und fühle in Songs. Bei Sängern mag ich grundsätzlich eher Popsänger, von Frank Sinatra bis Mike Batt. Wenn ich mal wieder mit einer Sängerin arbeite, wird es wahrscheinlich eher eine aus dem Popbereich sein. Jazzsängerinnen haben besser ausgebildete Stimmen, aber oft weniger Geschmack.

Jazzzeitung: Bei diesen Vorlieben muss die klassische Ausbildung an Konservatorium in Florenz hart gewesen sein.
Bollani: Ja, ich hatte einen ganz altmodischen und strengen Lehrer, der mir bei jedem Fehler mit dem Stock auf die Finger geschlagen hat. Ich habe wirklich gelitten. Aber heute bin ich ziemlich glücklich darüber. Technik ist so wichtig. Mit ihr kannst du dich hinsetzten und einfach spielen, was du willst.

Interview: Oliver Hochkeppel

Am 30. September , 20.15 Uhr, stellt Bollani im Stutttgarter Theaterhaus am Pragsattel sein Solo-Album bei ecm vor.

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