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Die Kleinstadt Peitz im Spreewald war einst das DDR-Mekka des Free Jazz. Nun führt der Förderverein jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg e.V. diese Tradition fort. Eine Konzertreihe mit „Peitz-Veteranen“ beginnt am 27. September im Berliner Kammermusiksaal. Die DDR wird heute gern als Jazz-Paradies verklärt. Dabei mussten sich ostdeutsche Jazzmusiker lange Zeit den Vorwurf gefallen lassen, ihre Musik sei „Ami-Gift“ und „imperialistische Affenkultur“. Erst 1978 wurde auf der ersten Konferenz zur Unterhaltungskunst der Jazz als förderungswürdiges Genre anerkannt. Die Jazzwerkstatt Peitz, bereits 1973 ins Leben gerufen, entwickelte sich ab 1979 zu einer Art DDR-Woodstock. Tausende besuchten die mehrmals im Jahr stattfindenden Peitzer Open-Air-Konzerte. Die Gründer und Organisatoren des Festivals, Ulli Blobel und Peter Metag, knüpften mit endloser Geduld Fäden zwischen Kulturfunktionären, ausländischen Botschaften und den Musikern. Ihnen ist es zu verdanken, dass das unweit von Cottbus gelegene Peitz zu einem europäischen Zentrum der Avantgarde wurde. Heute ist die DDR Geschichte, der Spreewald hauptsächlich für eingelegte Gurken bekannt, und auch der Free Jazz lockt keine Massen mehr an. Ulli Blobel lässt die Vergangenheit jedoch nicht los: „Immer wieder wurde ich nach der Wende auf die Jazzwerkstatt Peitz angesprochen“, erinnert sich der engagierte Jazzfan, der im Hauptberuf Musik-CDs vertreibt. Schließlich bringt eine Wiederbegegnung den entscheidenden Anstoß. „Als ich nach 20 Jahren meinen damaligen Partner Friedhelm Schönfeld wieder traf, beschlossen wir: Es ist Zeit für ein Comeback der Jazzwerkstatt Peitz“, erzählt Blobel. Der Saxophonist Friedhelm Schönfeld war von 1976 an Musikdramaturg des Theaters im Palast der Republik. Durch seine Kontakte zu den Behörden ermöglichte er erstmals Konzerte westlicher Gruppen außerhalb Berlins. Heute ist Schönfeld – neben den „Peitz-Veteranen“ Uschi Brüning, Peter Brötzmann und Ernst-Ludwig Petrowsky – Mitglied der jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg. Ulli Blobel hat den Vorsitz des Anfang 2006 gegründeten Fördervereins. Einer fehlt im Bunde, der zweite Mitbegründer der Peitzer Jazzwerkstatt Peter Metag. „Er ist krank“, bedauert Ulli Blobel. „Ohne ihn gehe ich jedoch nicht nach Peitz zurück. Daher finden die Konzerte nun unter anderem Namen an anderen Orten statt“. Am 27. September beginnt eine Konzertreihe im Kammermusiksaal. Das erste Konzert „Start“ bestreiten die Trios dreier Saxophonisten, die – wenn auch in anderen Besetzungen – bis zuletzt in Peitz aktiv waren: Peter Brötzmann, Ernst-Ludwig Petrowsky und Friedhelm Schönfeld. Vorliegendes Bandmaterial zu diesem Konzert ist bereits auf CD erhältlich. „Wir wollen den Geist von Peitz aufrechterhalten“, beschreibt Ulli Blobel das Konzept. „Es geht um Spontaneität und Freiheit in der Improvisation. Wir bieten keine vorgefertigten Tournee-Programme“. Weitere Veranstaltungen gestalten Musiker wie Ernst Bier, David Friesen, Aki Takase und Alexander von Schlippenbach. Konzerte im Potsdamer Hans-Otto-Theater sind ebenso geplant wie Seminare und Open-Air-Konzerte im Berliner Umland. Im Mai 1982 wurde die Jazzwerkstatt Peitz verboten. Angesichts der erstarkenden Oppositionsbewegungen waren die internationalen Kontakte der Ost-Jazzer den Behörden ein Dorn im Auge. Zwei Jahre darauf reiste Ulli Blobel in die Bundesrepublik aus. Heute erinnert er sich ohne Groll an die Zeit in Peitz: „In meiner Erinnerung ganz vorn ist präsent: Es war ein großer Spaß“. Den will er nun aufs Neue mit Musikern und Jazzfans teilen. Antje Rößler
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