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Jazzzeitung
2006/07 ::: seite 16
rezensionen
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Peter Wicke/Kai-Erik und Wieland Ziegenrücker: Handbuch der populären
Musik (Erweiterte Neuausgabe)
Schott/Atlantis Musikbuch-Verlag, Mainz, 680 Seiten
Ein Buch, das sofort – egal, wo man es aufschlägt —
durch eine sachliche Darstellung besticht, die immer um Verständlichkeit
und Genauigkeit bemüht ist. Vor allem die Beschreibung physikalischer
Vorgänge und des Aufbaus von Geräten aller Art ist beispielhaft.
Bei der Musik selbst tauchen mitunter noch ältere Auffassungen
auf, die neu durchdacht werden müssen. So etwa beim Stichwort „Hard
Bop“ (S. 217), wo es heißt „als Reaktion auf die ästhetische
Innerlichkeit des Cool Jazz entstandener Jazzstil“. Jazzmusiker
entwickeln ihre Spielweise durchweg aus Ideen, die ihnen liegen und
nicht aus einer Abwehrhaltung gegenüber Ideen, die ihnen nicht
liegen. Ein anderer Fall einer überholten Ansicht ist die Erklärung
des Swing durch J.E. Berendt (S. 520). Sie drückt eigentlich gar
nichts aus. Eine brauchbare Beschreibung wäre eine, die einem Musiker
im Prinzip sagt, was er tun muss, um zu swingen.
Lobenswerterweise machen sich die Autoren auch Gedanken über
den Begriff E-Musik; sie schlagen vor, ihn durch den Ausdruck „artifizielle
Musik“ zu ersetzen. „Artifiziell“ heißt aber
wörtlich ,,künstlich“, und damit bekommt die neue Benennung
einen Beigeschmack, der zu dem, was er meint, nicht passt. Mein Vorschlag:
auf holprig-pauschale Sammelbezeichnungen wie „U“- und „E“-Musik
ebenso wie auf „Populäre Musik“ völlig zu verzichten
und nur mit Stilbegriffen zu arbeiten. Und wenn dann die Autoren ihr
Buch um noch etwa 100 genauso sorgfältig gearbeitete Seiten über
die so genannte ,,E-Musik“ erweitern und das Ganze „Handbuch
der Musik“ nennen würden, gäbe es zumindest im deutschsprachigen
Bereich wohl nichts Besseres zu diesem Thema.
Sheila E. Anderson: How to grow as a musician — What all musicians
must know to succeed
Allworth Press/New York, 193 Seiten
Die Autorin, beim Fernsehen und als Programmgestalterin in einem Museum
tätig, hat eine Reihe von Musikern aus verschiedenen Bereichen
interviewt, darunter Billy Taylor, Ron Carter und Kenny Washington,
dazu einige weitere im Musikbusiness Tätige. Die Themen reichen
von „Learning ones craft” über „When and how
to record“ bis zu „Getting a job and keeping it“.
Manches mag ein bisschen zu allgemein oder zu selbstverständlich
sein, aber als Lektüre für junge Berufsmusiker ist das Buch
doch sehr zu empfehlen. Sätze wie ,,Each genre of music requires
different kinds of knowledge“ (S. 22), „Show up on time
and be prepared“ (79)und „Study the audience before you
go onstage“ (S. 118), gehören zur unverzichtbaren Arbeitsgrundlage
genauso wie ein intaktes Instrument. Nicht zu vergessen „You are
in show business“ (S. 122). Denn das sind wir alle — egal,
welche Art von Musik wir spielen.
Sheila Tracy: Talking Swing — The British Big Bands, Mainstream
Publ. Co./Edinburgh, 256 Seiten
Sheila Tracy, früher Posaunistin im Ivy Benson Orchestra, der
bekanntesten britischen Frauen-Big-Band, erzählt anschaulich und
humorvoll die Geschichte von 17 der besten englischen Big Bands, von
Jack Hylton bis John Dankworth und Syd Lawrence, in Interviews mit vielen
ehemaligen Mitgliedern. Dazu kommen kurze Beiträge zu einigen weiteren
Ensembles (leider fehlt die BBC Big Band). England war zumindest bis
in die 50er-Jahre führend in Europa, was die Qualität seiner
Big Bands betraf. Schade und unverständlich, dass es kein solches
Buch über die deutschen Big Bands gibt.
Joe Viera |