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Jazzzeitung
2004/07 ::: seite 19
medien
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Seit 1998 ist er bereits auf Sendung: BR-alpha, der
Bildungskanal des Bayerischen Rundfunks, den man via Satellit ASTRA 1
C analog als auch über ASTRA 1 H digital empfangen kann. Bundesweit
wird BR-alpha auch digital über Kabel verbreitet. Neben der flächendeckenden
Ausstrahlung in den analogen Kabelnetzen in Bayern kann der Bildungskanal
auch in anderen Bundesländern wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz sowie in Berlin und Brandenburg empfangen werden. Frei
nach Friedrich Schiller versteht man Bildung hier als „Ausbildung
zum Fachmann“ und „Bildung zum Menschen“, das Programmspektrum
umfasst klassiche Bildungsprogramme (Sprachen, Telekolleg, Schulfernsehen,
Hochschule, Qualifizierungs- und Weiterbildungsprogramme) genauso wie
Programme mit bildendem Charakter: Religion, Musik, Philosophie, Literatur,
Kunst und Kultur. Seit 1999 hat auch der Jazz seinen festen Sendeplatz
im Programm gefunden und bis heute für sich beansprucht: Jeden zweiten
Sonntag im Monat heißt es ab 21.15 Uhr „Jazz oder nie!“
Eine Stunde vorher werden Gäste wie Jazzprofessor Joe Viera, Klaus
Doldinger, Cornelius Kreusch oder Thilo Wolf ins Alpha-Forum zum Studio-Talk
eingeladen. Neben Live-Mitschnitten aus den umfangreichen Archiven der
öffentlich-rechtlichen Sender kann man seit 2001 von August bis Dezember
besondere Schmankerl via Bildschirm erleben: BR-Alpha zeichnet nämlich
sämtliche Konzerte der Internatiolen Jazzwoche Burghausen auf und
strahlt die einzelnen Auftritte der Künstler zum gewohnten Sendetermin
jeden zweiten Sonntag aus. Programmchef Werner Reuß hat übrigens
vor Kurzem für den vorbildlichen Aufbau des Bildungskanals einen
Adolf-Grimme-Preis erhalten. Für die Jazzzeitung sprach Redakteurin
Ursula Gaisa mit Programmplaner Armin Olbrich über „Jazz oder
nie!“
Jazzzeitung: Herr Olbrich, warum hat gerade der Jazz einen festen
Sendeplatz bei BR-alpha ergattern können?
Armin Olbrich: Jazz und Klassik gehören unserer Meinung nach
fest in unser „Bildungsrepertoire“, diese Spielarten muss
man stützen und den Zusehern vermitteln und ans Herz legen. Diesen
Auftrag hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen.
Popmusik bildet natürlich auch, aber ist auf fast allen Sendern und
Kanälen vertreten und zugänglich… Außerdem –
während sich im Pop und Rock alle Qualitäten tummeln, sind Jazzmusiker
schon durch den hohen musiktheoretischen Anspruch in dieser Art von Musikrichtung
so gut wie immer Könner.
Jazzzeitung: Das Besondere an „Jazz oder nie!“ ist
auch der Sendeplatz vor Mitternacht, meistens wird er ja im Radio und
TV auf 1.00 Uhr oder noch weiter nach hinten verschoben…
Olbrich: Das liegt ganz klar auf der Hand: wir sind der einzige
Kanal, der keine GFK-Lizenz hat, das heißt bei uns werden keine
Quoten ermittelt. Das hat für uns den großen Vorteil, dass
wir auch nicht an Quoten gebunden sind, deshalb können wir es uns
leisten, ein von der Reichweite her wenig erfolgreiches Programm auch
zu besten Sendezeiten auszustrahlen.
Jazz wird – Gleiches gilt für Theater oder für klassische
Musik – mit großem Aufwand produziert und erreicht daran gemessen
leider relativ wenig Zuschauer. Aber wir können auf der anderen Seite
auch ganz aktuell, auf Todesfälle zum Beispiel, mit Sondersendungen
reagieren, soweit es unser Archiv natürlich zulässt –
doch das ARD-Archiv ist groß. Es lohnt sich aber im Falle des Falles,
bei uns vorbeizuschauen…
Jazzzeitung: Zu den Burghausen-Aufzeichnungen, die ja ab August
wieder auf BR-alpha ausgestrahlt werden – wie kam es dazu?
Olbrich: Der Bayerische Rundfunk schneidet ja bereits seit 25 Jahren
in Burghausen Konzerte mit. Neu bei uns waren und sind seit 2001, dass
wir alle Konzerte und die wiederum in voller Länge aufzeichnen und
auch ausstrahlen. Das ist wie vorher erwähnt relativ teuer, aber
dadurch werden diese Produktionen auch wieder überdurchschnittlich
günstig, weil wir eben in den fünf Tagen, die wir dort verbringen
durchschnittlich 15 Stunden Sendezeit produzieren.
Jazzzeitung: Sind alle Musiker, die Sie in Burghausen filmen
möchten, mit den Aufnahmen einverstanden?
Olbrich: Leider nicht. Immer deutlicher zeichnen sich zwei Philosophien
ab: Die einen – mich eingeschlossen – sehen diese Aufzeichnungen
als Chance, ihre Musik und damit auch ihren CD-Verkauf zu promoten, die
anderen malen Horrorszenarien an den Himmel – Stichworte sind natürlich
MP3, DVD-Raubkopien – und glauben, jede Aufzeichnung birgt die theoretische
Gefahr der illegalen Wiedergabe. Ich kann das nicht beurteilen, wie das
in anderen Staaten ist. Ein Musiker hat mir kürzlich erzählt,
dass wenn in Amerika ein Konzert im Fernsehen ausgestrahlt wird, vier
Wochen später in Asien eine Raub-DVD im Handel ist. Ich kann nur
sagen, in Deutschland ist es zum Glück anders, und für BR-alpha
kann ich auch mit 1.000-prozentiger Sicherheit sprechen, das ist dicht…
Wir machen aber auch die Erfahrung, dass sich Manager und Musiker mit
dem deutschen Markt auskennen. Das eine oder andere Konzert durften wir
zum Beispiel nur aufzeichnen, weil wir ein öffentlich-rechtlicher
Sender sind und weil wir Bildungskanal sind.
Jazzzeitung: Wie kann man sich den technischen Aufwand einer
solchen Produktion vorstellen?
Olbrich: Wir wollen es so gut wie möglich, das heißt
nach dem neuesten Stand der Technik – machen, deshalb ist der Aufwand
natürlich groß, was Licht, Ton und Bild anbelangt. Wir sind
mit circa 60 Mitarbeitern vor Ort, teilen uns mit dem Hörfunk die
Mikrofonierung und alles was Ton im Saal anbelangt, draußen fließt
das dann in die zwei verschiedenen Ü-Wägen, weil der Fernsehton
ja ein anderer als der Hörfunkton ist. Im Fernsehen will man eben,
wenn man das Klavier bildlich sieht es auch besonders gut hören…
Wir sind insgesamt mit sechs Kameras und weit über 100 Scheinwerfern
bei der Sache. Seit letztem Jahr zeichnen wir auch 5.1.-Dolby-Digital
auf, um DVDs zu produzieren, was eine besondere zusätzliche Saal-Mikrofonierung
erfordert, weil wir im Gegensatz zu 98 Prozent der auf dem Markt angebotenen
DVDs einen echten Digital-Surround-Ton bieten. Wir motzen nichts hinterher
auf, sondern bei uns wird mit 64 Spuren aufgezeichnet…
Jazzzeitung: Zu den Burghausen-Aufzeichnungen 2004: wer sind
Ihre persönlichen Favoriten?
Olbrich: Mich haben zwei Bands sehr überrascht: auf der einen
Seite Brian Culbertson, den ich vorher – muss ich gestehen –
überhaupt nicht kannte, der aber in den USA Hallen mit 15.000 Zuschauern
füllt und bereits sieben CDs produziert hat, und auf der anderen
Seite die rein oberbayerische Band „Quadro Nuevo“. Beide überzeugen
nicht nur mit musikalischen Qualitäten, sondern auch mit einer herausragenden
und sehr unterhaltsamen Bühnenshow, und die kann man wiederum nur
im Fernsehen richtig genießen.
35. Internationale Jazzwoche Burghausen 2004 bei BR-alpha
8.8.: Till Brönner & Band
22.8. Nina Hagen & Die Leipzig Big Band
5.9.: Soul Survivors
19.9.: Brian Culbertson
3.10.: Charlie Mariano Quintet
17.10.: James Carter Organ Trio
31.10.: Quadro Nuevo
14.11.: Paco de Lucia
28.11.: E.S.T. Esbjörn Svensson Trio
12.12.: James Morrison On The Edge
Burghausen-DVDs
DVD-Reihe mit den Aufzeichnungen der Jazzwoche Burghausen erhältlich
im BR-Shop und in gut sortierten Plattenläden.
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