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Jazzzeitung

2004/04  ::: seite 1

titelstory

 

Inhalt 2004/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Fats Waller
no chaser:
Hochseilnummer
all that jazz:
Archive der Zukunft
farewell: Milt Bernhart // Die Jazzzeitung verabschiedet sich von ...


TITEL / DOSSIER


Titel: Pointiert, frech, fingerfertig
Der neue Star am Crooner-Himmel: Jamie Cullum
Dossier. Familenbande
// Carla Bley und Karen Mantler
// Wolfgang und Flo Dauner
// Von und Chico Freeman
// Manfred und Tochter Fanny Krug
// Alexander und Vincent von Schlippenbach


BERICHTE


„Jazza r t“ und vieles mehr // Muriel Zoe im Jazzclub Moritzburg // Leipziger „Musik-Zeit“ 2004 // Geri Allen im Birdland // Marty Ehrlich mit neuer CD in Nürnberg
Preview: Wichtige Festivals des Frühlings in Süddeutschland


 JAZZ HEUTE


Begeisterung statt Geldgier
Musikverrückte – Die Independents und der Jazz (Teil 2)
Improvisieren für die Kulturhauptstadt 2010
Ungarisch-deutsches Konzert in Regensburg


 PORTRAIT / INTERVIEW


Martin Schmitt // Modern String Quartet // Evan Parker // Singer Pur


 PLAY BACK / MEDIEN


Jazz-Metropole Paris
Historische Streiflichter aus dem Universal-Archiv
CD. CD-Rezensionen 2004/04
DVD.
One Night with blue note // Legendäre Storyville-Filme
Bücher.
Neuerscheinung zum 20. Kemptener Jazzfrühling // Ein Erinnerungsbuch
Noten. Noten für Gitarristen, Pianisten, Shorter-Fans
Instrumente. PortaBass-Combos von Ampeg
Medien. link-tipps


 EDUCATION


Abgehört. J.J. Johnsons Soli sind noch heute ein Muss

Michael Hornstein als Jazz-Professor in Bogotá

Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2004/04 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (248 kb))

Pointiert, frech, fingerfertig

Der neue Star am Crooner-Himmel: Jamie Cullum

Die Queen musste sich bücken. Ganz tief. Und dann sagte sie Danke. So vorne übergebeugt drückte sie einem kleinen Mann, der aussah, als wollte er sich bei der Mini-Playback-Show bewerben, ihr Wohlgefallen über einen Song aus, den dieser ihr zu ihrem Geburtstag als Ständchen verehrte. Prince Charles hatte sich zuvor persönlich ans Telefon gehängt, um Jamie Cullum zum Wiegenfest seiner Mutter einzuladen.

Foto: Ssirus W. Pakzad

Wer ist dieser Jamie Cullum? In Deutschland stellt man diese Frage noch zu Recht, denn erst Ende März wurde sein Album „Twentysomething“ (Universal) veröffentlicht. In England aber muss man den Namen des Sängers und Pianisten nur mal eben so fallen lassen und erntet hysterische Ausbrüche. Meist von Frauen. Frauen, die in erster Linie in einer Altersgruppe von 29 bis 43 zu suchen sind, wie eine Studie kürzlich herausfand. Das Teenieartige Gekreische, das selbst gestandene Damen von sich geben, gilt einem Jazzmusiker. Ulkig, oder? Mittlerweile kann man dessen Gesicht sogar in Kino-Werbespots sehen. Und die Vertreter der englischen Presse versuchen sich mit Schlagzeilen gegenseitig zu übertreffen, wenn es um Jamie Cullum geht. „Who wants to be a Jazz Millionaire?“ fragte eine Gazette in Anbetracht der Tatsache, dass ihm Universal einen mit einer Million dotierten Deal bot, der ihm die Mittel für ein paar weitere Produktionen garantiert. Andere Headlines vergleichen Jamie Cullum mit Frank Sinatra und Harry Connick Jr., nennen ihn den „Robbie Williams des Jazz“ oder, aufgepasst: den „David Beckham des Jazz“. Auf der Insel ist man offensichtlich stolz auf den 24-jährigen Spross einer burmesischen Mutter und eines Vaters mit englischen und deutsch-jüdischen Wurzeln. Der nämlich hat bereits Doppel-Platin für sein Album kassiert, das sich so schnell und häufig verkaufte, wie keine Jazz-CD zuvor auf der Insel.

Hierzulande wird die Jazzpolizei vermutlich sofort den Block mit den Strafmandaten zücken, denn Menschen, die mit Jazz Erfolg haben, machen sich prinzipiell verdächtig. Und dann paktiert Jamie Cullum auch noch mit einem Lager, das für Puristen generell einer Kriminellen Vereinigung gleich kommt – weil er nämlich unter anderem Songs von Radiohead, Jeff Buckley und Jimi Hendrix interpretiert. „Fraglos bin ich Jazzmusiker, und Jazz liegt meinem Herzen am nächsten“, sagt ein ziemlich kaputter Jamie Cullum, kurz vor seinem Auftritt beim London Jazz Festival. Die Promotion- und Reisestrapazen haben ihre Spuren hinterlassen. „Ich bin aber mit Rock, Hip Hop und Tanzmusik aufgewachsen und habe in meiner Schulzeit nicht etwa Cole Porter gehört. Mit meiner Musik versuche ich, wie ein 24-Jähriger zu klingen, der im Jahre 2004 lebt und nicht wie einer, der sich nichts sehnlicher wünscht, als in den 50er-oder 60er-Jahren gelebt zu haben. Ich mag die Strokes, aber auch Miles Davis, mir gefällt DJ Shadow, aber eben auch Thelonious Monk. Heutzutage kann man eigentlich kein Purist mehr sein, und wenn man es doch ist, liegt es vielleicht daran, dass man Defizite hat und einfach mit zu wenigen Dingen konfrontiert wurde.“

Mit einer sehr maskulinen, rauen Stimme, die so gar nicht zu seinem knabenhaften Äußeren passen will, versteht Jamie Cullum mit Witz und Charme zu singen. Und dazu begleitet er sich ungemein pointiert, frech und fingerfertig am Piano, das er schon mal am Rahmen, auf den Tasten und Saiten, an der Decke, an der Klappe und am Instrumentenboden zum Percussion-Utensil umfunktioniert. In seinen eigenen Songs setzt er sich mit den Befindlichkeiten eines Mittzwanzigers auseinander.

Doch der größte Teil seines „Twentysomething“ stammt aus fremder Feder. Mit der schmückt er sich. „Ich habe keine Lust, Standard-Interpretationen abzuliefern, die wie Karaoke-Fassungen klingen. Und ich hab auch nichts mit diesem Retro-Getue am Hut. Ich mache mich nur dann an einen Evergreen heran, wenn ich eine ganz konkrete Vorstellung davon habe, wie ich mit ihm umgehe. Nehmen wir mal „I Could Have Danced All Night“ – das wollte ich wie einen Afrobeat-Clubtrack klingen lassen, weil mich der Text an die Rave-Songs erinnerte, zu denen ich als 18-Jähriger bis sechs Uhr morgens getanzt habe. Ich wollte dem Song die Perspektive eines 24-Jährigen mitgeben.“

Ssirus W. Pakzad

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