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Wenn es im Jazz darum geht, dunkle, nachtfarbene Klanglandschaften zum Schillern zu bringen, dann ist der 48-jährige Wahl-New Yorker und Multibläser Marty Ehrlich (Hauptinstrument: (Bass-Klarinette) stets erste Wahl. „Even The Sounds Shine“ (Hat Hut), die neue CD der Pianistin Myra Melford, heißt denn auch folgerichtig einer seiner jüngsten Arbeitsräume. Das dunkle Klangspektrum von Bassklarinette und Altsaxophon prägen auch Marty Ehrlichs jüngstes Album „Line of Love“ (Palmetto), das sein spektakulär besetztes neues Quartett (am letzten Tag ihrer vierwöchigen Europatour bestens eingespielt!) erstmals im Nürnberger Jazzstudio vorstellte. Im ersten Set gruppierte Ehrlich um die Titelballade „Line of Love“ eher eingängig songhafte Stücke, die wie die gesamte CD die Tradition seiner Vorgänger-Enja-CD „Song“ (2001) fortsetzen, dann verbeugte er sich wie immer vor seiner Lieblingskomponistin Robin Holcomb („Waltz“). Das zweite Set dagegen fiel da schon avantgardistischer aus: Mit einem Free Funk in der Tradition von David Murray und James Blood Ulmer kam das Quartett gut gelaunt aus der Pause, mit komplexen „Dark Wood“-Ensemble-Stücken setzte man über in experimentelleres Gelände. Schien so, als hätte die Band am Ende der Tour genug von der Balladenform und mehr Lust auf harmonisch anspruchsvollere Musik. Anstelle von Craig Taborn sitzt in Ehrlichs neuem Quartett James Weidman am Piano: Ihn kennt man als langjährigen Begleiter von M-Base Saxophonist Steve Coleman beziehungsweise Jazz-Diven wie Abbey Lincoln oder Cassandra Wilson. Den Bass zupft Belden Bullock (zuletzt mit Abdullah Ibrahim für das großartige Album „African Magic“ gefeiert), von dessen elegantem wie dynamischem Kontrabass-Spiel man an diesem Abend gerne etwas mehr gehört hätte. Der Live-Mischer allerdings bevorzugte deutlich die junge, derzeit zurecht viel gefragte Texanerin Allison Miller (physiognomisch und spieltechnisch das weibliche Pendant zu Jim Black!), die an diesem Abend wahlweise mit geschlossenen Augen spielte oder ihr komplexes Spiel mimisch eindrucksvoll übersetzte. Allein das Nürnberg-Debüt dieser an Prince und Earth, Wind & Fire geschulten Jazz-Aufsteigerin (zuletzt mit Norah Jones auf Joel Harrisons mit dem Vierteljahrspreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichneten CD „Free Country“ zu hören) zeigte – ihr sensibles Hardcore-Spiel ist absolut ein Muss für Jazzfans, die am Puls der Zeit bleiben wollen. Reinhold Horn |
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