Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Mit einem musikalischen Paukenschlag startete die Stadt Münster am 5. Januar in das Bewerbungsjahr um die Kulturhauptstadt Europas 2010. Fritz Schmücker, Organisator des alle zwei Jahr stattfindenden Jazz Festivals mit traditionell europäischem Schwerpunkt hatte mit Unterstützung des Partners WDR zwei Stars des europäischen Jazz aus den Ländern eingeladen, die in diesem Jahr mit Lille und Genua die Kulturhauptstadt stellen: Henri Texier aus Frankreich und Gianlugi Trovesi aus Italien. Der Titel „Inbetween“ sollte deutlich machen, dass es auch darum ging, die Pause zwischen den Festivals angemessen auszufüllen. Wie konnte man dies besser angehen als mit zwei deutschen Erstaufführungen der beiden Musiker? Texiers Strada Sextett ist noch ganz jung, hat erst sein viertes Konzert in Münster absolviert. Meisterhaft nicht nur Texiers virtuoses Bassspiel, sondern die Entwicklung eines außergewöhnlichen Klangkonzepts. Die drei Bläser, Sébastian Texier und Francois Corneloup an den Saxophonen und der Posaunist Gueorgui Kornazov entwickelten ein filigranes, oft hymnenartiges Klanggebilde verbunden mit langen solistischen Geschichtenerzählungen, während der Gitarrist Manu Codjia schräge Klangverzerrungen dagegen setzte. Einzigartig auch Cristophe Marguets differenziertes und unaufdringliches, aber immer spannungsgeladenes Schlagzeug. Ihr Programm bestand aus einem Gang durch das musikalische Frankreich, von arabisch beeinflussten Mittelmeerklängen über gefühlvolle Balladen hin zu hartem großstädtischem Blues à la Paris. Gianluigi Trovesis Octet-Projekt „Fugace“ erschien im vergangenen Sommer als CD-Neuerscheinung (bei ECM) und wurde auch inzwischen in Italien zur Jazzplatte des Jahres gekürt, war aber in Deutschland noch nie live zu erleben. Trovesi war immer gut für besonders einfallsreiche Projekte. „Fugace“ aber stellte alles in den Schatten, eine Präsentation all der Einflüsse, die ihn zu einem Star der europäischen Musik gemacht haben. Und dies nicht nur einfach in einen Topf geworfen und gut durchgerührt, sondern in Szene gesetzt nach den Regeln der Comedia Dell’ Arte. Da gab es die Ouverture, eine Cembalo-Melodie, die sich wie der Harlekin durch das ganze Stück zog, in immer wieder veränderten Formen. Drei Streicher erinnerten an die jahrhundertealte italienische Musiktradition seit Monteverdi mit den beiden Bassisten Roberto Bonati und Marco Micheli sowie dem Cellisten Marco Remondini, der auch besonders erfindungsreich im Einsatz von Elektronics war. Die beiden Bläser Beppe Caruso, Posaune, und Massimo Greco, Trompete, rührten oft an die tiefsten Jazz-Emotionen, so Greco mit Louis Armstrongs West-End-Blues Einführung. Furios die beiden Schlagzeuger, Vittorio Marinoni und vor allem Fulvio Maras. Maras spielte überzeugend den großen Clown Totò im Schlussstück „Totò Nei Caraibi“. Im Zentrum der ergreifende Klarinetten-Interpret und Erfinder dieser Musik Trovesi, den das begeisterte Publikum erst nach drei Zugaben entließ. Oberbürgermeister Tillmann machte in seiner Begrüßung den Anspruch Münsters auf die Bewerbung zur Kulturhauptstadt gerade mit diesem Konzert des aktuellen Jazz als einem wesentlichen europäischen kulturellen Akzent selbstbewusst deutlich. Nicht vergessen sollte man dabei, dass die Stadt des Westfälischen Friedens neben der Landeshauptstadt die einzige kreisfreie Stadt in Nordrhein-Westfalen mit einem ausgeglichenen Haushalt ist. Hans-Jürgen von Osterhausen |
|