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Vor Ort in den Staaten hatte Steffen Wilde, Jazzvermittler aus Halle und dort langjähriger Programmchef des Moritzburgjazz, von einer jungen Band namens Gutbucket gehört. Es war Liebe auf den ersten Blick im Jahr 1999. Und die hat angehalten. Für vier Tourneen hat er seine Band seither nach Europa geholt. Die fünfte führte sie im Dezember 2003 zu einem gut dreistündigen Heimspiel auch in den Halle’schen Turm. Im Gepäck hatten Gutbucket ihre erste CD für den europäischen Markt, erschienen bei enja in München und so etwas wie der vorläufige Höhepunkt einer bemerkenswerten Karriere. Wenn Saxophonist Ken Thomson seinem hitzigen Gewerbe nachgeht, gibt er den Springteufel. Ziemlich viel darf man von ihm erwarten, bloß keinen Stillstand. Dies betrifft sowohl das musikalische Konzept der Band wie auch deren Bühnenpräsenz. Thomson zappelt, geht in die Knie oder fast ganz zu Boden, er hüpft, zappelt, rennt durchs Publikum oder sonst wohin. Eine Punk-Jazz-Band nennen sich Gutbucket – und ihr Frontmann weiß, was so ein Etikett verlangt. Inhäusigen Beach Volleyball soll es während ihrer Konzerte schon gegeben haben, Schreitherapie oder spontan synchronisierte Trickfilme. Gute Laune verbreiten sie immer, und auch deswegen gilt die Band seit ihrer Gründung als Shooting Star der New Yorker Szene. Auf großen Festivals hat sie gespielt und über ein Vierteljahr hinweg einmal die Woche in der legendären Knitting Factory. Auch live zelebrieren Gutbucket ihren akustischen Tornado. Ihr ausgefuchster Temporitt ist das klug strukturierte Dauerfeuer eines als Rockband kostümierten Jazzquartetts in ziemlich orthodoxer Besetzung. Um Ken Thomson herum verbreiten Gitarrist Ty Citerman, Bassist Eric Rockwin und Schlagzeuger Paul Chuffo laut und den Atem nehmend gute Laune. Da wird mit Höchstgeschwindigkeit durch die Stile gesprungen, prallen genäselte Altsax-Zitatbündel aus der Jazzhistorie auf offensive Gitarrenrock-Riffs, geben treibender Stick-Bass und krachendes Drumset die Linien vor, die sich unverhofft und plötzlich drehen und wenden, zum Beispiel Richtung Karibik, Blues oder Olivier Messiaen. Mit James Blood Ulmers Intensität ist das zu Recht verglichen worden oder mit John Zorns Naked City. Tatsächlich kann man den Gutbucket-Hörer mit dem TV-Konsumenten vergleichen, der mit der Fernbedienung zappt und sich wechselnden Bildern ausliefert. Nur ist das, was bei John Zorn in erster Linie intellektuelle Provokation war, hier ein sinnliches Vergnügen. Die Geschichte also ist wieder einmal weiter gegangen und hat alles assimiliert. Gut so, wenn das solche Ergebnisse bringt. Genau dieser souveräne Umgang entstaubt den Jazz und erdet ihn wie selbstverständlich, wobei er ihn einem jungen Publikum wieder öffnet. Diese Musik ist handgemacht und noch in ihrer intensivsten Ekstase verselbständigt sich nichts. Gutbucket, benannt nach dem Eimer, mit dem man losen Schnaps aus der Kneipe nach Hause trägt, gießen lustvoll Hochprozentiges aus. Und das hat dann tatsächlich etwas Berauschendes. Sehr zufriedene Gesichter auch in Halle, nicht erst nach fidelem Abschlussballett und vier Zugaben. Ulrich Steinmetzger CD-Tipp
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