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Sie werden immer besser Einem gestandenen Jazz-Schlagzeuger von den Vorzügen eines elektronischen Drum-Sets zu berichten, mag ein schwieriges Unterfangen sein. Denn die Vorurteile sitzen tief: Etwa, dass E-Drums nur für Pop- und Disco-Produktionen sinnvoll sind, dass sie exzentrisch aussehen, ein Spielgefühl wie eine Tischplatte bieten und immer so klingen wie bei Jan Hammers TV-Musik zu „Miami Vice“. Das war einmal, denn mittlerweile tut sich vor allem der Hersteller Roland mit ganz bemerkenswerten Geräten hervor. Rolands Spitzenmodell unter den Drum-Modulen, das TD-20, bietet beispielsweise Möglichkeiten, von denen „Akustik-Trommler“ nur träumen können. Da stehen etwa 500 Sounds zu Verfügung, die allesamt beliebig verändert werden können: Parameter wie Stimmung, Kesseldurchmesser, Kesseltiefe, Kesselmaterial, Dämpfung und Fellbestückung lassen zahllose Varianten zu. Da hat man dann ganz schnell die Auswahl zwischen einer 13-Zoll-Piccolo-Snare aus Metall oder diversen 14-Zoll-Holzkesseln, zwischen beschichteten und unbeschichteten Fellen, zwischen ungedämpfter 18-Zoll-Bassdrum für die kleine Besetzung oder 24-Zoll-Donnerbüchse für die Big Band. Knackige Acrylkessel sind an Bord, weich klingende Ahornkessel und perkussive Birkenkessel. Noch mehr Authentizität ergibt sich durch verschiedene Raumsimulationen sowie die freie Positionierung der virtuellen Mikrofone. Und die Becken? Zahllose Typen vom Splash bis zum Heavy Ride stehen zur Verfügung, mit frei wählbaren Durchmessern und Materialstärken. Wer will, kann sogar den Sizzle-Effekt eines klassischen Nietenbeckens simulieren, zudem können die Mehrzonen-Cymbals von Roland zwischen Kante und Kuppe unterscheiden, die Becken lassen sich sogar per Hand abdämpfen. Rolands HiHat-Modell VH-12 passt zudem auf jede HiHat-Maschine und spielt sich – ganz normal. Womit das Vorurteil, E-Drums seien nur für Discomusik brauchbar, eigentlich widerlegt sein sollte – was die Klangvielfalt und vor allem die Reproduktion authentischer Sounds angeht, ist ein Modul wie das TD-20 von den völlig synthetisch klingenden Geräten der 80er- Jahre Lichtjahre entfernt – aber letztere dominieren bis heute das Bild elektronischer Schlagzeuge. Und noch ein Vorurteil hat sich längst überlebt: Frühe Drum-Pads waren weder anschlagsdynamisch, noch vermittelten sie ein auch nur ansatzweise echtes Spielgefühl. Beides ist heute kein Thema mehr: Rolands Drum-Pads sind mit fast lautlosen aber stimmbaren Netzfellen bestückt, sogenannten Mesh-Heads, die einen naturgetreuen Rebound ermöglichen. Anschlagsdynamik ist längst Standard, und dank Mehrzonen-Trigger sind auch Rimshots kein Problem. Die Mesh-Heads vertragen sogar Nylonbesen, was vor Jahren noch nach Science Fiction klang. Einen weiteren Vorteil bieten nur E-Drums: das lautlose Üben. Die Umwelt nimmt nur leises Geklapper war, doch im Kopfhörer des Schlagzeugers tun sich die erstaunlichsten Dinge. Lautstärkeanpassung ist kein Problem, was auch auf der Bühne von Vorteil sein kann, wenn die Raumakustik Schwierigkeiten macht und ein akustisches Schlagzeug selbst bei sanfter Behandlung immer noch zu laut ist. Soviel zu den Sonnenseiten von Rolands E-Drums, doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Optisch sind E-Drums bis heute recht gewöhnungsbedürftig, was im Studio nicht weiter ins Gewicht fällt, auf der Bühne allerdings für mäßige Laune sorgen kann. Wer auf hochglanzlackiertes Edelholz oder klassische Perlmutt-Finishes steht, wer blitzenden Chrom und güldene Becken schätzt, der wird mit E-Drums nur selten warm. Ein Schlagzeug sieht unzweifelhaft wie ein Musikinstrument aus, E-Drums dagegen wirken eben wie nüchterne, elektronische Geräte – was auf Kosten der Emotionen geht und den „Liebhab-Faktor“ deutlich schmälern kann. Pragmatiker dürften damit weit weniger Probleme haben. Und noch einen Punkt darf man nicht unerwähnt lassen: Wer Rolands zweifellos beeindruckende Spitzentechnologie in vollen Zügen genießen will, wird kräftig zur Kasse gebeten. Das TD-20 Komplettset mit vier Toms, Snare, Bassdrum, drei Becken, HiHat und Hardware kostet im Fachhandel samt Soundmodul rund 5.500 Euro – der Listenpreis liegt noch deutlich höher. Andererseits: Dafür erhält man zahllose Schlagzeuge und Beckensets in einem einzigen Instrument, das noch dazu in jeden Kleinwagen passt. Kein schlechtes Argument für das Roland TD-20. Uwe Schleifenbaum |
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