Der 1970 in München geborene Johannes Tonio Kreusch gehört
zu der jungen Generation von Konzertgitarristen. Er studierte bei Eliot
Fisk und Joaquin Clerch am Salzburger Mozarteum und anschließend
in der Meisterklasse von Sharon Isbin an der New Yorker Julliard School.
Seit seinem Debüt in der Carnegie Recital Hall im Jahr 1996 führten
ihn Konzertreisen als Solist und Kammermusiker nach Europa, USA, Lateinamerika
und Asien.
Kreusch hat zahlreiche CD´s für DGG, Arte Nova, BMG, Oehms
Classics, patmos/pläne und Koch/Classics eingespielt. Für seine
künstlerische Arbeit wurde er unter anderem mit dem „Preis
der Deutschen Schallplattenkritik“, dem „Leonhard- und Ida-Wolf-Gedächtnispreis
für Musik der Landeshauptstadt München“, dem französischen
„Classica Repertoire“ – Preis und dem „Artist
International Award, New York“ ausgezeichnet. Im Mai wurde seine
neue CD „Crystallization“ veröffentlicht.
Jazzzeitung: Ihre neue CD „Crystallization“
besteht, ganz im Gegensatz zu ihren bisherigen Veröffentlichungen,
durchgehend aus Improvisationen. Was war für Sie der Grund, eine
solche „freie“ Produktion einzuspielen?
J.T. Kreusch: Improvisation ist für mich schon immer
ein wichtiger Bestandteil meiner musikalischen Arbeit. Ich versuche immer
auf eine intuitive und improvisative Art an die Musik heranzugehen. So,
als würde ich mich auf eine Entdeckungsreise begeben. Gerade in der
heutigen Zeit ist es wichtig, Musik als etwas unmittelbares wahrzunehmen.
Der Dirigent Sergiu Celibidache hat einmal passend ausgedrückt, daß
von der Routine die größte Gefahr für die Musik ausgeht.
Und das besonders innerhalb des Klassikbetriebes.
Jazzzeitung: Wie haben Sie sich den einzelnen Improvisationen
genähert und was war ausschlaggebend, in welche musikalische Richtung
sich die einzelnen Titel bewegen werden?
J.T. Kreusch: Der Titel der neuen CD lautet „Crystallization“
und bedeutet für mich tatsächlich eine Art Kristallisationspunkt.
Ich hatte über Jahre immer wieder Themen oder Ideen, die ich notiert
und gesammelt habe. Aus diesen Ideen wollte ich ein eigenes improvisatives
Soloprogramm gestalten und damit einen Kontrapunkt zu meiner klassischen
interpretatorischen Arbeit setzen. So hat sich für mich ein neuer
künstlerischer Weg herauskristallisiert. Wenn ich improvisiere habe
ich immer bestimmte Bilder oder Stimmungen im Kopf. Ich versuche die Stimmungen
und Atmosphären, die ich imaginiere, wie ein Maler mit Klängen
nachzuzeichnen.
Jazzzeitung: Wie wichtig ist Ihnen die Gesamt-Atmosphäre
bei Produktionen?
J.T. Kreusch: Die Aufnahmen sind in New York entstanden.
Ich habe dort eine längere Zeit gelebt und auch studiert. New York
ist eine sehr impulsive und in jeder Beziehung sehr laute Stadt. Ich fand
es immer schwer dort Innerlichkeit und Ruhe zu finden. Für mich war
es deshalb sehr wichtig dort leisen Tönen nachzuspüren und damit
etwas gegen die nach außen gerichtete Atmosphäre der Stadt
zu setzen.
Die Aufnahme ist innerhalb zweier nächtlicher Aufnahmesessions in
Brooklyn entstanden. Daß wir die Produktion in den Tagen nach den
schrecklichen Anschlägen vom 11. September fertiggestellt haben,
an denen die ganze Stadt auch unheimlich war, gibt dem Ganzen noch einmal
eine spezielle Bedeutung.
Jazzzeitung: Welches Verhältnis haben Sie zum
Jazz?
J.T. Kreusch: Ich bin froh, daß ich schon sehr
früh die Möglichkeit hatte, mich intensiv mit Musik zu beschäftigen.
Besonders das gemeinsame Musizieren hat mir schon als Kind das Üben
als etwas positives vermittelt. Vielleicht auch, weil wir nicht nur klassische
Musik gespielt sondern auch immer improvisiert haben. Mein Bruder Cornelius
hat hier natürlich eine besondere Rolle gespielt. Mit ihm hatte ich
meine ersten improvisatorischen Gehversuche.
Jazzzeitung: Gibt es derzeit noch Projekte, die Sue
mit Ihrem Bruder Cornelius Claudio verbinden?
J.T. Kreusch: Wir haben in der Vergangenheit an vielen
gemeinsamen Projekten gearbeitet. Cornelius hat einige meiner Alben produziert,
so auch „Crystallization“. Vor einiger Zeit hatten wir eine
sehr intensive Tour mit unserem Trio, bei welchem der phantastische Perkussionist
Jamay Haddad dabei war. Zur Zeit ist aber jeder mit eigenen Soloprojekten
beschäftigt.
Das Gespräch führte Jörg Konrad
CD:
Johannes Tonio Kreusch „Crystallization“ Music Just Music
/ CCKmusic.com
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