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Wie können sich die Länder der EU einander annähern, ohne
ihre Vielfalt an Kulturen und Traditionen zu verlieren? Darauf wollte
der Europazug eine Antwort geben, der vom 24. April bis 1. Mai durch sieben
Länder rollte. Anlass für die Idee des Europazuges war die EU-Osterweiterung
vor zwei Jahren. Während der Fahrt fanden 24 verschiedene Projekte
in den Bereichen Kunst, Theater, Literatur und Musik zum Thema Europa
statt. Darunter war auch die Jazzband Sound Expansion.
Am 24. April rollte der Europazug aus dem Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Mit ihm fuhr als erstes Mitglied der Band Sound Expansion der Pianist Philipp Cieslewicz. In jeder der folgenden Stationen stieg ein weiterer Musiker zu und begleitete die bereits mitfahrenden Ensemblemitglieder. Die täglich wachsende Band probte im vorletzten Waggon, der sogar ein Klavier an Bord hatte. Bis zum 1. Mai hielt der Europazug in den Städten Ceské Budejovice, Linz, Maribor, Pécs, Košice, Kraków , Görlitz/Zgorzelec und Berlin. Auch die Bandmitglieder kamen aus verschiedenen Nationen: Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowenien und Polen. Geprobt wurde tagsüber im Zug. Am Abend gab es mit der jeweils erweiterten Band einen Auftritt. So setzte sich das Spiel fort bis zum Abschlusskonzert als Sextett in Berlin. Die Spieler waren gezwungen, innerhalb kürzester Zeit einerseits ihre individuelle Kreativität herauszustreichen, andererseits ihre Stimme in den Gesamtklang einzufügen. Der Prager Gitarrist Jan Luprich beschreibt das Vorgehen: „Eigentlich klappte es gut. Wir probieren ein bisschen herum, spielen Songs an, die wir kennen. Daraus entsteht etwas – oder auch nicht. So finden wir zusammen, so entstehen die Stücke für das Konzert am Abend.“ Der Prozess, einen gemeinsamen Sound zu schaffen, der die musikalischen und kulturellen Hintergründe der Einzelnen einschließt, könnte im Kleinen ein kreatives Vorbild für die Annäherung der Länder Europas sein. Der Europazug ist ein Projekt des 1996 gegründeten MitOst e.V., der sich als Förderer des Kulturaustauschs in Mittel-, Ost- und Südosteuropa versteht. Leiterin des anspruchsvollen Jazzprojekts ist Maike Theuerkauf. Sie wählte die Bandmitglieder aus, beschaffte Finanzen, Übernachtungsmöglichkeiten und Instrumente. „Junge kreative Menschen in Europa vernetzen sich und gestalten ein Projekt für andere junge Menschen“, beschreibt sie das Motto von Sound Expansion. Sound Expansion machte deutlich, was sich auch im großen Maßstab zwischen den europäischen Nationen zeigt: Um kulturelle Barrieren und Verständigungsprobleme zu beseitigen, ist zuerst ein gegenseitiges Kennenlernen notwendig. Das möchte Tobias Hipp, Projektleiter des Europazuges, durch gemeinsame Aktivitäten erreichen: „Wir brauchen mehr grenzüberschreitende Kontakte. Deshalb haben wir mit dem Europazug auf allen Stationen den Dialog mit den ganz normalen Menschen auf der Straße gesucht.“ Mit im Zug reiste auch Fritjof von Nordenskjöld, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Er zeigte sich begeistert von dem Enthusiasmus der über 70 Akteure aus 13 Ländern. „Für die Zukunft Europas muss man keine Sorge tragen“, war er sich sicher. Ihren Abschluss fand die Reise mit einer Europakonferenz in Berlin am 1. Mai, dem zweiten Jahrestag der EU-Osterweiterung. Als Veranstaltungsort hatte man den symbolträchtigen Tränenpalast gewählt, der als ehemaliger Grenzübergang für die Überwindung der Teilung Europas steht. Zum Abschluss der Konferenz wurde eine „Europäische Deklaration“ verlesen, in die die Teilnehmer ihre Reiseerfahrungen eingebracht hatten. Hoffentlich wird sie zur Lektüre der Politiker. Antje Rößler
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