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Die Schweizer Sängerin Susanne Abbuehl geht ihre eigenen musikalischen Wege. Mit ihrer dunklen, klaren Stimme durchquert sie das Zwischenreich von Jazz, Klassik und Avantgarde. Um stereotype Genre-Grenzen schert sie sich wenig: „Ich mache einfach das, was mir am nächsten liegt. Mir geht es um den unmittelbaren Ausdruck“. Nicht nur musikalisch, auch in ihrer Biografie ist Susanne Abbuehl eine Grenzgängerin: Sie hat die schweizerische und die niederländische Nationalität, ging in den USA zur Schule, studierte in Holland.
Nun lebt sie seit drei Jahren in Norditalien, wo ihre Schwester als Geigenbauerin arbeitet. Die Ortswechsel halten gleichzeitig ihre künstlerische Kreativität wach. „Es tut mir gut, neu anzufangen, nicht integriert zu sein, einen Blick von außen zu haben. Dann bin ich besonders kreativ“, reflektiert die Musikerin. Susanne Abbuehls aktuelles Album heißt „Compass“ und ist eine verschlungene kammermusikalische Seereise. „Im Englischen hat das Wort Compass überdies weitere schöne Bedeutungsfelder wie Umfassen, Umkreisen oder auch Bereich und Umfang. Meine Arbeit in der Musik umfasst bestimmte Bereiche, ohne sie zu vereinnahmen“, erläutert die Künstlerin ihr Konzept. Mal segelt „Compass“ mit dem Wind von Chick Corea und Sun Ra, dann wieder legt es an bei den schlichten Volksliedern von Luciano Berio. Der rauhe Strand von James Joyces „Finnegans Wake“ wird ebenso gestreift wie die leuchtendgelbe Sommerwiese von William Carlos Williams „Primrose“. Bis ins China der Ming-Dynastie führt die Reise. Man merkt: Worte sind hier ein ganz integraler Bestandteil der Musik. Auf diesem Album ist besonders James Joyce sehr präsent. Bei ihm findet die Künstlerin eine Art von Vollendung, die sie selbst in der Musik sucht: „Ein elastisches Gleichgewicht zwischen Verspieltheit und Strenge; asymmetrische Verschachtelungen, die auf den ersten Blick ganz leicht anmuten und sich dann als komplex offenbaren“, beschreibt sie ihre Ideen. Susanne Abbuehl arbeitet viel mit der englischen Sprache; dabei ist es jedoch nicht so, dass sie ihre deutsche Muttersprache nicht mögen würde. Am Englischen gefällt ihr besonders die Alltäglichkeit, die unprätentiöse Schlichtheit. Am Wichtigsten aber ist für sie der Klang der Worte: „Ich nehme Worte ähnlich wie Musik wahr. Mit der Musik schaffe ich eine Umgebung für die Worte und umgekehrt“. Ein Ort für eine solche Musik ist schwer vorstellbar – weder
in einen steifen Konzertsaal noch in die zerstreute Atmosphäre eines
Jazzclubs scheint sie so recht zu passen. Die Räumlichkeit für
eine jede Aufführung wird sorgfältig ausgewählt. „Dabei
achten wir vor allem darauf, dass die Musik in all ihren Nuancen wahrgenommen
werden kann“, erklärt Susanne Abbuehl. „Häufig spielen
wir in kleineren Theatersälen.“ Der Sängerin hat es besonders
der Zusammenklang mit der Klarinette angetan: „Die Mischung des
Klarinettenklangs mit meiner Stimme ergibt schöne Klangspektren.“
Als Gast für das Album „Compass“ gewann sie den französischen
Klarinettisten Michel Portal. Er ist an zwei Stücken beteiligt, die
Luciano Berios Liedzyklus „Folk Songs“ entstammen. Ebenso
wie Susanne Abbuehl ist Michel Portal ein Grenzgänger, der sich unangestrengt
zwischen den Stilen bewegt. „Aufgrund seiner Tongebung und Interpretation
war er für diese schlichten Lieder meine Ideal-Besetzung“,
erklärt die Sängerin ihre Wahl. Die Sängerin betont den Stellenwert dieser langfristigen Zusammenarbeit: „Mir bedeutet es viel, mit der Band eine gemeinsame Geschichte zu haben. Das heißt aber auch, Durststrecken durchzustehen, immer wieder die angemessene Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden.“ Erstmals ist auf „Compass“ der Schlagzeuger Lucas Niggli gemeinsam mit der eingeschworenen Band zu hören. Er kommt aus den Bereichen Neue Musik und zeitgenössischer Jazz. Susanne Abbuehl inspiriert die stilistische Vielfalt ihrer Kollegen: „Ich mag es, wenn ganz unterschiedliche musikalische Charaktere zusammentreffen. Der Background eines jeden Musikers bereichert den Klang der Band auf eine ganz besondere Weise.“ Auch in der Wahl ihrer Ensemble-Mitglieder offenbart sich Susanne Abbuehl also als Grenzgängerin. Antje Rößler |
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