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In der April-Ausgabe der Jazzzeitung brach Joe Viera den Arrangeuren eine Lanze. Das ist aller Ehren wert, sollte aber nicht blind machen für den Anspruch der Gegenseite: das geistige Eigentumsrecht der Komponisten. Es trifft zu, wie Viera schreibt, dass ein Arrangeur nur dann von der GEMA bedacht wird, wenn der Verlag der Original-Komposition das Arrangement anerkennt. Letzteres jedoch kommt selten vor, denn der Bearbeiter-Anteil der GEMA wird nicht zusätzlich ausbezahlt, sondern vom Komponisten-Anteil abgezwackt. Die Aufgabe des Verlegers aber ist es, die ihm anvertraute Komposition gut zu verwalten. Dazu gehört sicherlich nicht, dass er auf Kosten des Komponisten oder seiner Erben (und des Verlages selbst) großzügig die Ambitionen eines inspirierten Arrangeurs fördert. Kleiner Tipp daher an Arrangeure: Bieten Sie Ihre Bearbeitung doch direkt dem Original-Verlag an. Wenn Sie zusätzlich noch gute Argumente dafür haben, dass Ihr Arrangement der Verbreitung der Komposition zugute kommt, wird der Verleger kaum mehr Nein sagen können. Grundsätzlich darf ein Arrangeur mit einer fremden Komposition ungefragt anstellen, was er will. Er darf eine Samba als Walzer einrichten, er darf Melodietöne und Changes verändern, er darf eine ganze Sinfonie betexten oder einen heiligen Song durch den Kakao ziehen. Er darf auch ungestraft verhunzen und verderben. Dass er das darf, ist durchaus nicht selbstverständlich. Jeder Nachdruck einer Böll-Erzählung, jede Nachpressung einer geschützten Aufnahme, jedes Bildzitat eines bekannten Gemäldes oder Fotos muss vom Rechte-Inhaber genehmigt und ihm gewöhnlich bezahlt werden. In Amerika sind sogar Kulturhelden wie Charlie Chaplin und Marilyn Monroe eingetragene Warenzeichen, für deren Verwendung in Schrift und Bild man Lizenzen erwerben muss. Dem Musik-Arrangeur jedoch gesteht man kostenlos die völlige künstlerische Freiheit zu, wenn er auf das geistige Eigentum eines anderen zugreift. Daher ist die GEMA-Regelung nicht unvernünftig: Es gilt, das Urheberrecht des Komponisten gegen das Bearbeitungsrecht des Arrangeurs zu schützen. Und zum Glück maßt sich die GEMA nicht an, selbst darüber zu entscheiden, was ein gutes, was ein schlechtes, was überhaupt ein Arrangement ist. (Ist nicht jede Jazz-Version ein Arrangement?) Mit dem Punktesystem für die Kompositionswertung hat die GEMA schon genug Unheil angerichtet. Ein gutes Arrangement, denke ich, ist eines, das sich aus dem System der Komposition ergibt. Peter Herborn sagte mir einmal zu seiner Bearbeitung von Monks Misterioso: Es sind verschiedene Ausdeutungen des immer gleichen Themas. Wenn ich ein Stück arrangiere, dann versuche ich permanent, Elemente aus dem Rhythmus oder der Melodie oder der Akkordik weiterzuentwickeln. Ich kann nicht jede beliebige Idee oder Stimmung unterbringen, dafür müsste ich dann ein eigenes Stück schreiben. Kommt ein gutes Arrangement zustande, so hat die Inspiration durch die Komposition also großen Anteil daran. Joe Viera dagegen beschreibt etwas anderes. Er spricht von einem Arrangement, dessen Teile mit den Elementen des Themas überhaupt nichts mehr zu tun haben. Der Arrangeur hat die eigentliche Arbeit geleistet. Gegen solche Willkür ist nichts zu sagen: Das Recht auf künstlerische Freiheit erlaubt sie. Nur: Warum verwendet und erwähnt ein Arrangeur Gershwins Summertime, wenn er sich dann völlig davon entfernt? Verwendet er Gershwins Stück und Namen nicht missbräuchlich und nur zu Werbezwecken? Sollte man da Gershwin nicht besser auch gleich als Warenzeichen schützen lassen? Anders gefragt: Warum benutzt der großartige Arrangeur mit den vielen Einfällen, die gar nichts mehr mit Gershwin zu tun haben, dann nicht gleich ein kleines Thema aus eigener Feder? Dann könnte er sein Arrangement wunderbar als eigene Komposition anmelden und bekäme auch von der GEMA seine verdiente Anerkennung. Hans-Jürgen Schaal |
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