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Das oberste Ziel eines Instrumentalisten sei doch, die menschliche Stimme nachzuahmen, verengte Meister-Saxophonist James Carter ganz in der Conversation with the Elders vertieft und Wynton Marsalis opportun kürzlich sein nach den 30ern, 40ern und 50ern wieder aufgelegtes vocalization-Konzept. Seine Zielrichtung ist mittlerweile klar: New Standards nach dem Modell Herbie Hancocks als verbindlichen Qualitäts-Musikkanon für die nun Normen setzende Popkultur-Generation sollen dabei entstehen. Längst eingeklinkt hat sich die ausgepowerte Jazz-Avantgarde, die 20 Jahre vergebens ein breiteres Publikum gesucht hat. Dazu gehört auch der 46-jährige Saxophonist und Klarinettist Marty Ehrlich bei seinem dennoch herausragenden Art of Jazz-Konzert im Jazzhaus-Café der Nürnberger Tafelhalle. Mit seinem Lieblingsbassisten Michael Formanek und dem stets zu laut auftrumpfenden Schlagzeuger Billy Drummond reihte sich der 1978 von St. Louis nach New York gezogene Marty Ehrlich (spieltechnisch und vor allem spirituell hörbar von seinen schwarzen Lehrern John Carter und Julius Hemphill geprägt) speziell in diese prominent von Gitarrist Bill Frisell initiierte, intellektuell gefilterte Going up the country-Bewegung ein. Folgerichtig nennt Ehrlich sein jüngstes Quartett wie sein programmatisches, aktuelles enja-Album schlicht: Song(!). Keineswegs zufällig auch, dass ihr fabelhafter Pianist Craig Taborn seit Jahren auch eng mit James Carter zusammenarbeitet. Während Carter alle Nuancen von Billy Holidays Stimme posthum abzulauschen versucht, wagen sich trendigere junge Jazzer wie der smarte Trompeter Chris Botti, der Peter Gabriel oder Sting vokalisiert wie hier zu Lande neuerdings auch Christof Lauer mit Jens Thomas, gar bis zur Pop-Moderne vor. Und Bob-Dylan-Fans aufgepasst: Marty Ehrlich (meist am Alt- und Sopran-Saxophon) veredelt gar mit großer emotionaler Tiefenschärfe Saint Bob-Klassiker. An diesem Abend etwa I pitty the poor immigrant oder Tears of Rage. Reinhold Horn |
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