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In den 70er-Jahren hat die Band bereits Jazzgeschichte geschrieben. Denn das Konzept von Oregon rein akustisch gespielten gefühlvollen harmonisch-melodischen Jazz mit den damals im Westen noch weitgehend unbekannten ethnisch-exotischen Klängen zusammenzuführen war wegbereitend für viele andere Gruppen, die dem Quartett auf ihren Weltmusikpfaden folgen wollten. Wenngleich das nach dem tragischen Unfall von Colin Walcott verbliebene Triumvirat von Ralph Towner, Paul McCandless und Glenn Moore die inzwischen ein wenig ausgetretenen Ethno-Wege längst hinter sich gelassen hat, so ist die heute wohl schon zu den dienstältesten Formationen des Jazz zählende Band einer stilistisch schlüssigen Linie treu geblieben. Am 19. März im Bayerischen Hof in München trat die Oregon-Stammformation um Ralph Towner, Paul McCandless und Glenn Moore einmal mehr in der jüngeren Besetzung mit dem noch vergleichsweise jugendlich-frisch wirkenden Drummer Mark Walker auf. Überwiegend am klassischen Drum-Set agierend kann Walker natürlich keineswegs an das einstige indische Klangbild anknüpfen, das der Tabla- und Sitarspieler Colin Walcott geprägt hatte und das später auch Trilok Gurtu noch ein Stück lang weiter geführt hatte. Doch mit seiner kreativen Handarbeit an den Djemben und seinen vielfältig geräuschintensiven Illustrationen an Rasseln und exotischen Perkussionsinstrumenten bringt Walker durchaus seine eigene persönliche Note in das Spiel mit ein. Grundsätzlich ist die Musik von Oregon heute jazziger geworden, sie orientiert sich vielleicht mehr denn je
an dem weichen Klangbild eines Bill Evans, der Ralph Towner schon in seinen jungen Jahren inspiriert hat. Am Klavier
und an der mit pianistischer Fingerfertigkeit gespielten Konzertgitarre ist Towner im Grunde seiner akustischen Stilistik
treu geblieben, auch wenn der Maestro heute bereits die Synthesizer über dem Flügel stapelt. Dies
wird um so deutlicher, wenn das Quartett hin und wieder auf Ralph Towners Kompositionen aus den 70er-Jahren zurückgreift,
die bis heute noch immer nichts von ihrer lyrischen Anmut verloren haben. Und auch in der thematisch freien, absolut
spontanen Improvisation, die das Quartett unter dem scherzhaften Titel Nothing (Towner: Eigentlich
existiert dieses Stück ja gar nicht...) live auf die Bühne zaubert, spürt man noch immer die
tiefe Verneigung Towners vor Strawinsky und dessen Zeitgenossen, die den einstmals jungen Kompositionsstudenten wohl
intensiver noch geprägt haben dürften als die Wiener Avantgardisten mit ihrer seriellen Atonalität. Es ist wohl vor allem die klare stilistische Linie in ihrer konsequenten Entwicklung, mit der sich Oregon über Jahrzehnte als eine Konstante in den unterschiedlichsten Strömungen des Jazz behauptet und etabliert hat. In der noch bis Juni reichenden Konzertreihe New York im Bayerischen Hof konnte Oregon daher nicht nur das Stammpublikum der Münchner Jazzgemeinde begeistern, sondern sicherlich auch so manchen neuen Fan hinzugewinnen. Wolfgang Seemann |
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