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Hellwach muss man sein, wenn Holly Cole sich bereit erklärt, Fragen zu beantworten. Denn nach anfänglicher Zurückhaltung beginnt sie erstens unaufhörlich zu erzählen (nicht zu reden!) und zweitens den Gegenüber einer kulturellen Inquisition zu unterziehen, die mit allgemeinen Fragen zur Musikszene beginnt und beim sozialen Unterschied zwischen Kanada und Amerika endet. Ein harter doch herzlicher Fall. Dabei kommt doch das selbst betitelte Album „Holly Cole“ (Traditon & Moderne/Indigo, 9.2.2007) so moderat an. Zart und einfühlsam arrangiert. Mit Songs von Rose & Basil Adlam (This House Is Haunted), Irving Berlin (Be Careful It’s My Heart sowie Reaching For The Moon) oder Antonio Carlos Jobim (Waters Of March).
Und, das ist neu, mit einer größeren Begleitband als üblich. Ein kleineres Großensemble durfte es diesmal sein. Ursprung dieser Idee war Produzent Greg Cohen. Holly Cole erinnert sich: „Ich kannte Greg Cohen freilich. Er hatte 1991 eine Platte von mir mit einer Triobesetzung produziert. Ich wusste, dass er als Arrangeur für David Byrne und Tom Waits gearbeitet hat oder mit Musikern wie Lou Reed und Bob Dylan gespielt hat. Aber ich hatte von Beginn an das Gefühl, dass es spannend würde.“ Also kontrollierter Blindflug. „Nicht ganz“, schränkt Holly Cole ein, „denn es war schon so, dass er mir seine Ideen zum Album vorher mitteilte. Wir trafen uns in Toronto. Nachdem ich ihm die Songs näher brachte, die ich mir für mein Album vorstelle, präsentierte mir Greg seine Ideen. Unter anderem, dass wir die Begleitband vergrößern und dafür kreative Musiker anheuern. Für mich ist es stets wichtig, dass der Produzent und Arrangeur eine gewisse emotionale Bindung zu den Songs herstellen kann, die ich singe. Sonst würde ich mich nicht wohl fühlen“. Damit alles funktioniert hat sich Holly Cole – rein emotional – vielleicht doch noch abgesichert, bevor es an die Aufnahmen ging. „Na ja“, meint sie schmunzelnd, „mir war es ein Anliegen, dass der Arrangeur Gil Goldstein einen Eindruck bekommt, wie ich mir die Songs vorstelle. Deshalb habe ich die Songs ,a Capella’ aufgenommen, um ihm zu zeigen, an welche Atmosphäre ich dachte. Dann habe ich noch Anmerkungen gemacht, wenn ich das Tempo oder die Tonart verändern wollte. Ich lieferte ihm die Bedeutung des Songs für mich und die grobe Struktur. Er konnte darauf die Arrangements setzen.“ Ein Arbeitsweise, die nicht unbedingt an der Tagesordnung ist. „Absolut nicht“, bestätigt sie. „Es gibt eine Menge Arrangeure, die so nicht arbeiten könnten. Als Sängerin würde ich ins Studio kommen, das Arrangement wäre unverrückbar und ich hätte das so zu singen. Ich muss Gil Goldstein wirklich danken, dass er das so akzeptiert hat, schließlich ist er ja ein wenig älter als ich. Aber es passte; auch, weil Gil die Songs nicht gänzlich überarbeitete, sondern sanft neue Nuancen einbrachte, die mich und Greg auf der gleichen Ebene erreichten.“ Nachdem diese Parameter auf musikalischer und persönlicher Ebene ausgelotet waren, konnte es an die Aufnahmen gehen. „Der Plan war drei Sessions zu machen“, erinnert sich Holly Cole, „zwei in New York und eine in Toronto. Dabei stellten wir die Regel auf: nur zwei Takes pro Song.“ Da rutscht dem Hobbymusiker das Herz ins Höschen. Weil unter 30 Takes geht in Zeiten der digitalen Aufnahmetechnik nichts. Doch wichtiger als Technik und Perfektion scheint Holly Cole etwas anderes zu sein. Der magische Moment des ersten Takes. Wenn Spannung und Aufgekratztheit am unerträglichsten scheinen. Wenn all das vorher geplante endlich zusammen trifft. „Diesen Moment“, schwelgt Holly Cole, „kann man mit nichts vergleichen. Wenn dieser erste Take sitzt, wirst Du nie wieder eine bessere Version des Songs hinbekommen. Weil Du beim zweiten Mal schon drüber nachdenkst. Und damit verfälschst.“ Und so erlebt man eine Holly Cole in großer Verfassung. Ihre Stimme bleibt unbeschreiblich, meistert mühelos alle nötigen wie zu improvisierenden Facetten. Verbindet Melancholie mit Romantik und schafft somit Hoffung und Sonne. Egal ob es die Eigenkomposition „Larger Than Life“ (eine Cole Porter Würdigung) ist oder gleich eine Adaption ihres Lieblingskomponisten Cole Porter („It’s All Right With Me“). Dass Holly Cole bei soviel musikalischer Präzision und Perfektion die menschliche Kurve bekommt, damit alle das hören können, scheint die Leistung im eigentlichen Sinn zu sein. Und zu bleiben. Sven Ferchow
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