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Jazzzeitung
2004/11 ::: seite 2
news
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Klarinettist Rolf Kühn 75
Als der am 29. September 1929 geborene Rolf Kühn als junger Mann
in Berührung mit dem Jazz kam, waren vor allem die Klarinettisten,
allen voran Benny Goodman, hoch im Kurs. Bei Jutta Hipp in Leipzig, wohin
die Familie Kühn Anfang der 30er gezogen war, hörte er die ersten
Jazzplatten, die eine Leidenschaft für den Jazz bei ihm entfachten,
die bis heute unvermindert anhält. 1947 trat Kühn zum ersten
Mal im Römischen Haus in Leipzig auf und wurde bald darauf von Kurt
Henkels für die Big Band des Senders Leipzig engagiert. Bald darauf
ging er in den Westen, trat bei der Rias Big Band in Erscheinung. Es folgten
erste Bands in Deutschland. Auch gewann er etliche Polls in Europa, mit
deren Empfehlung er 1956 in die USA ging. Engagements bei Benny Goodman,
der ihm im Falle seiner Abwesenheit die Leitung der Band überließ,
bei Urbie Green und mit der Tommy Dorsey Memorial Band des Warren Covington
folgten. 1959 ging er wieder nach Deutschland zurück. Trotz seiner
Jazzleidenschaft hat er immer über die Grenzen dieser Musik hinweggeschaut,
war Leiter des NDR-Fernsehorchesters oder musikalischer Leiter verschiedener
Theater und hat 1971 die deutsche Erstaufführung von Jesus Christ
Superstar herausgebracht. hjo
Tränenpalast: der Kampf geht weiter
Skandal an der Spree: Anfang September wurde bekannt, dass die Stadt Berlin
das Gelände auf dem der denkmalgeschützte Berliner Tränenpalast
angesiedelt ist, verkauft hat und damit die Weiterführung des anspruchsvollen
Kulturprogramms stark gefährdet ist. Nach lebhaften Diskussionen
in den Medien, zwischen den Menschen und im Berliner Abgeordnetenhaus
sind nunmehr die Beteiligten – Finanzverwaltung, Tränenpalast
und Investor – aufgefordert, ein Arrangement für die bis dato
unterschiedlichen Interessen zu finden. Es steht zu befürchten, dass
sich die jetzt aufgenommenen Gespräche - denen wir sehr aufgeschlossen
gegenüber stehen - kompliziert und langwierig gestalten werden. Der
Verhandlungszeitraum wurde vorsorglich bis auf den 15. Dezember erweitert.
Ein Erfolg wird zweifellos nur dann zu erzielen sein, wenn politisch verantwortungsbewusst
gehandelt wird und vor allem der öffentliche Zuspruch anhält.
Jeder Eintrag ins Gästebuch unterstützt den Tränenpalast.
www.traenenpalast.de
Tage der Offenen Tür an Hochschulen
Die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
(13.11., Infos: www.mh-stuttgart.de) und die Folkwang Hochschule Essen
(20.11., Infos: www.folkwang-hochschule.de) laden Interessierte im November
zu einem Tag der Offenen Tür ein. Neben verschiedenen Informationsveranstaltungen
zu den Studiengängen gibt es Workshops, Führungen, Studiopräsentationen
und auch Jazzkonzerte. Für Essen konnte der Jazzposaunist Bart von
Lier als neuer Dozent gewonnen werden.
Cologne Jazz Night 2004
Vom 25. November bis zum 4. Dezember 2004 wird die Hochschule für
Musik Köln zum Treffpunkt junger Musikerinnen und Musiker aus verschiedenen
Ländern Europas. Unter dem Motto „The New Generation“
findet die 4. Cologne Jazz-Night als mehrtägiges Projekt mit zahlreichen
Workshops und Konzerten in den Räumlichkeiten der Hochschule statt.
Erstmalig veranstaltet die Hochschule einen Tag für Kinder und Jugendliche
unter dem Motto „Jazz für Pänz“. Weitere Infos:
www.mhs-koeln.de
Charivari-Jazzband feiert: 25
Seit dem 3. November 1979 spielt die Charivari-Jazzband im ländlichen
Gasthof Böck im Dorf Unterbrunn (Landkreis Starnberg) unter dem Titel
„Dixieland in Unterbrunn“ regelmäßig für eine
treue Fan-Gemeinde Dixieland-Jazz und Swing. Als Luxus, mit dem sich die
Band selbst „verwöhnt“, wurden immer wieder Idole wie
Chris Barber oder Monty Sunshine dazu eingeladen. Das 25-Jährige
wird am 19. und 20. November mit vielen Gästen gefeiert. Infos: http://members.aol.com/charijazz/
Newcomer-Wettbewerb
Was macht Schleswig-Holsteins Jazz-Nachwuchs? Eine Antwort gibt es am
28. November im Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerk Husum. In Kooperation
mit dem Landesmusikrat werden die besten jugendlichen Jazz-Ensembles ermittelt.
Eine der Siegerbands wird zur „Bundesbegegnung Jugend Jazzt“
fahren können, die vom 5. bis 8. Mai in Koblenz stattfindet. Darüber
hinaus gibt es je einen Produktionstag im „Tonstudio Holstein“
und in der „Musikfabrik Anton“ zu gewinnen. www.landesmusikrat-sh.de
donumenta 2004
Am 1. Oktober 2004 wurde in Regensburg die diesjährige donumenta,
initiiert von der Künstlerin und „Frau Europas“ Regina
Hellwig-Schmid, eröffnet. Die donumenta versteht sich als Ankerplatz
für Kunst und Kultur der Donauländer und präsentiert 2004
Kunst- und Kulturschaffende der Republik Moldava. Auch der Jazz ist in
diesem Jahr wieder miteinbezogen. Am 7. November kann man im Leeren Beutel
ein Konzert mit Ludmilla Amelina (Vibraphon) und Lilia (voc) erleben.
Sie stellen ein eigens für diesen Abend komponiertes Werk für
Contemporary Jazz vor (mit anschließender Session!). Infos: www.donumenta.de
ug
Fotoausstellung Oskar Henn
Oskar Henn ging für die Bilder seiner Ausstellung im Jazzclub
Unterfahrt neue Wege: Im Gegensatz zu herkömmlicher Jazzfotografie zeigt
er Farb- statt Schwarz/Weiss-Fotos, die live ohne Blitzeinsatz digital
fotografiert wurden. Oskar Henn fokussiert in dieser Ausstellung bewusst
auf München, das heißt alle Fotos wurden in der Münchner
Jazzszene aufgenommen, vor allem in der Unterfahrt, beim J.I.M. Jazzfest
und beim Münchner Klaviersommer. Ausstellungseröffnung ist am
21.11.2004, 19.30 Uhr. Die Einführung gibt Jazzzeitungsredakteur
Ralf Dombrowski. www.oskar-henn.de
Laika-Records wird 15
Aus den turbulenten Zeiten des Aufbaus sind nicht minder turbulente Jahre
des Etablierens gehaltvoller Jazz- und Weltmusik auf dem internationalen
Markt geworden. Die Höhen und Tiefen hat das Gründungsteam,
Thorsten Schmidt, Jens-Peter Müller, Ulli Bögershausen und Peter
Cronemeyer, gut überstanden. Das Label machte die amerikanische Jazz
Harfenistin Deborah Henson-Conant in Europa bekannt und ermöglichte
dem langjährigen Miles Davis Schlagzeuger Al Foster sein bisher einziges
eigenes Album und es brachte bekannte Namen wie Benny Bailey oder Wayne
Bartlett mit noch unbekannten Musikern zusammen.
www.laika-records.com
Jubiläum: 15 Jahre Jazz4Ever-Records
Das Jazz-Institut Darmstadt verzeichnet in seinem „Wegweiser Jazz“
für die Bundesrepublik neben den sogenannten Major-Companies mehr
als 40 Klein- und Kleinstlabels, die sich dem Jazz und Jazzverwandtem
verschrieben haben. Nach den Zahlen des Verbandes der Deutschen Phonographischen
Wirtschaft griffen im Jahr 2002 nur 1,8 Prozent der Käufer von Tonträgern
in die Regale mit der Überschrift „Jazz“. In diesem Spannungsfeld
zwischen Angebot und Nachfrage bewegen sich auch alle kleinen Labels,
bei denen sich alle Aufgaben einer „Plattenfirma“ –
wie bei den Großen - wiederfinden: Von A & R – also Auswahl
der Künstler und Bestimmung des Repertoires – über Promotion
bis hin zu den administrativen Aufgaben und oft auch Verlagsgeschäften.
Mit JAZZ4EVER-Records ist eines dieser Jazz-Labels in Nürnberg zu
Hause. Es kann in diesem Jahr auf sein 15-jähriges Bestehen zurückblicken.
Angefangen hat (fast) alles 1989 mit einem Interview des Labelgründers
Alfred Mangold mit dem Schlagzeuger Wolfgang Haffner bei Jazztime Nürnberg,
einem Jazzprogramm des Jazz-Studio Nürnberg auf der Frequenz von
Radio F (94,5). Thema: Die deutsche Schallplatten-Industrie. Einschätzung
während der Sendung: Die Chancen stehen schlecht, auch für noch
so talentierte Musiker. Ergebnis nach der Sendung: Versuchen wir es selbst.
Ziel des Labels war es damals, eine Plattform zu schaffen für vornehmlich
– aber nicht ausschließlich – jüngere, überregional
noch unbekanntere Musiker aus der damals (wie auch heute) beachtenswerten
fränkischen Szene. Die ursprünglich geographische Einschränkung
ist aber schon mit dem dritten Tonträger und dem Schweizer Tenorsaxophonisten
Roman Schwaller bald nach der Gründung des Labels entfallen.
Für den Jazzherbst 2004 wartet JAZZ4EVER unter anderem mit folgenden
Neuerscheinungen auf:
J4E 4765: Charlie Mariano, New On The Corner und Würzburger Streichquartett
J4E 4766: Michael Flügel Quartett
J4E 4767: Torsten Goods Quartett
J4E 4769: Michael Schleinkofer Trio
Für JAZZ4EVER soll weiterhin das Leitmotiv des Labels gelten: Die
Musik von JAZZ4EVER-Records steht für frische und lebendige Jazzmusik
zwischen Mainstream und Avantgarde. Trotz Bodenhaftung in der Tradition
bleibt der Blick für die Moderne frei. www.jazz4ever.de
www.jazz-network.com
(Vertrieb)
Rat und Hilfe für Mellotron-Freaks – auch in Deutschland
Er war der erste serienmäßig produzierte Sampler der Musikgeschichte:
Das Mellotron der britischen Firma Bradley, das in den 60ern entwickelt
wurde und heute einen beinahe mythischen Ruf genießt. Das Keyboard,
bei dem auf Tastendruck Bänder mit den Originaltönen diverser
Instrumente abgespielt werden gilt als elektromechanisches Kleinod –
mit allerlei konzeptbedingten Problemchen, denn die aufwändige Technik
bedarf regelmäßiger Wartung und Pflege. Zum einen ist das Mellotron
ein stattliches, schweres Instrument, zum anderen eines, das – je
nach Modell – mit Intonationsproblemen zu kämpfen hat. Längst
gibt es das virtuelle Mellotron, zahlreiche Anbieter offerieren Soundpakete
für den Rechner, ein volldigitales Mellotron im Originalgehäuse
ist momentan in Planung. John Bradley, der Enkel des Firmengründers,
produziert mit seiner Firma Streetly Electronics noch heute komplette
Analog-Instrumente sowie die nötigen Ersatzteile, und bietet zudem
einen Reparaturservice an. Für Interessenten im deutschsprachigen
Raum allerdings kein ganz billiges Vergnügen, denn ein Mellotron
zur Überholung nach England zu verfrachten, ist ein teurer Spaß.
Für Abhilfe sorgt Klaus Hoffmann-Hoock aus dem Rheinland (Tel. 02838/961
48, www.mindala.de),
Musiker und seit rund 30 Jahren Experte in Sachen Mellotron. Hoffmann-Hoock
steht entnervten Besitzern mit Rat und Tat zur Seite, repariert und wartet
angejahrte Instrumente und pflegt beste Kontakte zu den englischen Herstellern.
jazz-spot
Am 14. November hätte der in der Ukraine geborene aber schon kurze
Zeit nach seiner Geburt mit seinen Eltern in die USA immigrierte Jazzpianist
Art Hodes seinen 100. Geburtstag gefeiert. Zeit seines Lebens war Art
Hodes ein im Blues verankerter, kämpferischer Vertreter des traditionellen
Jazz. Ob bei seinen Einspielungen, seinen Artikeln in Magazinen wie Jazz
Record und Downbeat oder seiner bekannten Fernsehserie Jazz Alley –
seine Wurzeln im Chicago Jazz der zwanziger und dreißiger Jahre
waren immer spürbar. Gemeinsam mit Chadwick Hansen veröffentlichte
er mehrere Bücher. Unter dem Titel „Hot Man: The Life of Art
Hodes” erschien ein mit Fotografien von Howard Rye illustrierter
autobiographischer Band, in dem er seine Erinnerungen an die Jazzszenen
in Chicago und New York zwischen 1920 und 1950 unterhaltsam aufbereitete.
Er spielte mit fast allen Größen des traditionellen Jazz,
darunter Namen wie Joe Marsala, Sidney Bechet und Estelle ‚Mama’
Yancey, gab sein breites Wissen aber auch bereitwillig an junge Musiker
weiter und trug so nicht unerheblich dazu bei, den Chicago Jazz am Leben
zu erhalten.
Dank einer ganzen Reihe technisch gut aufbereiteter Wiederveröffentlichungen
kann man sich auch mittels CD ein Bild von der großen Kontinuität
seines Schaffens, aber auch der bis ins hohe Alter ungebrochenen Spielfreude
machen. Empfehlenswert ist unter anderem „Hodes’Art“,
1968 (Delmark) entstanden, bei Sunny Moon erschienen. Auf dieser unterschiedliche
Formationen umfassenden Aufnahme ist er unter anderem mit Bassist Pops
Foster und Posaunist Georg Brunis zu hören. Ein anderes Highlight,
kurz vor seinem 84. Geburtstag 1988 für Candid aufgenommen, ist „Pagin’
Mr. Jelly” ein Piano- Solo-Tribute an Jelly Roll Morton.
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