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Vier Jahrzehnte sind eine lange Zeit. Seit der ersten Ausgabe des Berliner Jazzfestes 1964 wurden unter anderem die Rockmusik, die CD und die Internet-Tauschbörse erfunden. Die Welt hat den Eisernen Vorhang fallen lassen, neue Feindbilder gefunden und ist immer noch nicht so friedlich, wie man es von ihren vernunftbegabten Bewohnern eigentlich erwarten könnte. Vieles hat sich verändert, nur der Jazz, den gibt es immer noch. Und weil er so eine wunderbare Musik ist, kann man ihn in immer neuen Metamorphosen erleben. Peter Schulze jedenfalls, seit vergangenem Jahr künstlerischer Leiter des Jazzfestes Berlin, ist ein Freund der Vielfalt mit Mut zur Eigenständigkeit. In der Jubiläumsrunde ist er nicht dem Zauber der runden Zahl verfallen, sondern hat ein Programm aufgestellt, das viele Nischen für Entdeckungen bietet: „Für mich ist es wichtig bei einem Festival, das von öffentlichen Geldern unterstützt wird, eben nicht die Künstler einzuladen, die man ständig hören kann, sondern den jungen, ungewöhnlichen Projekten eine Chance zu geben, im großen Rahmen aufzutreten“, meint er schon beinahe entschuldigend und verweist auf Doug Wamble, Hue Warren oder auch Kevin Breit, die, allesamt Könner ihres Fachs, Deutschland bislang gar nicht oder noch nicht als Bandleader beehrt haben. Sicher, auch Schulze leistet sich manchen Klassiker wie Charles Lloyd, Willem Breuker oder die NDR Big Band (mit seinen Vorgängern George Gruntz und Albert Mangelsdorff im Line-Up). Aber sie sind eben Programmpunkte unter vielen, genauso wichtig wie Zbigniew Namyslowski, Yakou Tribe oder der wunderbare Billy Jenkins, der mit den Fun Horns – im ebenfalls neu dazu genommenen Ostberliner Spielort „Kulturbrauerei“– sich auf die Interpretationsgewissheiten des Jazz stürzen wird. Die Botschaft ist klar: Wer Kultur darstellen will, muss sich auf das Wechselspiel von Tradition und Bildersturm einlassen. Mancher Erbsenzähler wird sich daran stören. Für die Zukunft des Festivals aber ist der Blick nach vorne überlebenswichtig. Ralf Dombrowski |
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