Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Seit Jahren fragt man sich, wie eigentlich der Jazz in die gar nicht
große Stadt Viersen gekommen ist und dort ein bis heute erfolgreiches
überregional beachtetes Festival unterhält. Sicherlich spielt
eine Rolle, dass die Stadt kurz vor der niederländischen Grenze noch
zum großstädtischen Ballungsraum an der Rheinschiene gehört,
wo der bundesdeutsche Nachkriegsjazz eine äußerst wichtige
Station hatte, und so unweigerlich infiziert wurde. Meist sind es aber
Personen, die den letzten Anstoß geben, in Viersen vor allem Ali
Haurand, selbst Bassist und Bandleader, aber gleichzeitig künstlerischer
Leiter des Festivals oder für den Jazz am WDR Fernsehen mit verantwortlich.
Ganz herausragend waren dieses Mal am ersten Abend das John Abercrombie Trio mit Dan Wall, Hammondorgel, und Adam Nussbaum, Schlagzeug und die junge Band „Baby Boom“ um den französischen Altmeister Daniel Humair am Schlagzeug. Mit großer Begeisterung mischten vor allem die beiden Saxophonisten Matthieu Donarier und Christophe Monniot die Jazztradition mit ihren französischen mediterranen Quellen, ein eindrucksvoller Ausblick auf neue Entwicklungswege der aktuellen Musik. Auch Eric Vloeimans mit seinem Trio mit dem Pianisten Harmen Fraanje und dem Gitarristen Andre Goudsmit präsentierten höchste Improvisationskunst, wie man sie aus den Niederlanden kennt. Florian Weber, einer der Senkrechtstarter des Deutschen Jazz, spielte mit seinem Trio „Minsarah“ und bestätigte den herausragenden Eindruck, den ihre gleichnamige CD-Einspielung im vergangenen Jahr bereits hinterlassen hatte. Klare, Köllges & Krachts „Autofab“ produzierte heftigen Ruhr-Klang, wohingegen das Jeff Berlin Trio sich auf den Spuren von Las Vegas bewegte. Schließlich betrat am zweiten Abend mit Pharoah Sanders einer der letzten Heroen, auch wenn er erst 65 Jahre alt ist, die Bühne, der mit der seit einigen Jahren bei ihm unvermeidlichen elektronischen Untermalung immer noch den „spirit“ seiner Kharma- Inspiration lebendig werden ließ, zur Begeisterung des zahlreichen Publikums. Insgesamt 2.500 Besucher wurden gezählt. Für gute Laune und frischen Wind sorgte die schöne Bossa Nova Stimme von Paula Morelenbaum, während „Mardi Gras bb.“ eine gelungene Party Blasmusik vorstellte. „Jazz Jamaica“ um den Bassisten Gary Crosby verband gelungenen Hard Bop mit karibischen Impressionen. Auf der Kellerbühne beeindruckte das Trio des blinden Pianisten Jörg Siebenhaar, ein Zeichen dafür, dass die Aktion Mensch nach dem New Jazz Festival in Moers auch Partner des Viersener Festivals geworden ist. Dass WDR und ORF gemeinsam aufzeichneten und auch live sendeten als Teil einer neuen europäischen Kooperation, machte das Festival auch noch zu einem gelungenen Medienereignis, auf dessen Fortsetzung am letzten Septemberwochenende des nächsten Jahres man sich jetzt schon freuen darf. Hans-Jürgen von Osterhausen |
|