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Die Regeln der Psychologie hat Pharoah Sanders begriffen. Der Saxophonist weiß: Wenn man etwas gelten will, muss man sich rar machen. Sein Berliner Konzert war eine eindrucksvolle Demonstration dieser alten Weisheit. Früher pflegte der Künstler mit seinen 20-minütigen Soli die Konzerte zu sprengen. Im Tränenpalast spielte er selten mehr als wenige Takte hintereinander. Trotzdem wurde er vom Publikum enthusiastisch gefeiert. Sogar seine Gags, mit dem Kopf zu wackeln oder wie ein tollpatschiger Teddybär zu laufen, riefen Begeisterungsstürme hervor. Wusste doch das Publikum um die ruhmreiche Vergangenheit des durch seine Zusammenarbeit mit John Coltrane bekannt gewordenen Künstlers. Und so vermochte es, in Pharoahs spärlichen Tönen die Essenz seiner Größe als Musiker auszumachen. Noch immer ist er ein Meister der Klangvielfalt: seinem Instrument entlockt er eine oft genug verzerrte und verfremdete Klangwelt, die von markerschütternden Schreien bis zu Rufen in den Trichter reicht. Die Hauptarbeit an jenem Abend jedoch leistete Pharoahs Trio. Der charismatische Schlagzeuger Will Calhoun verfremdete den Sound mit interessanten elektronischen Klangfarben. Am Klavier spielte Orrin Evans mit zurückhaltender Souveränität. Und auch der junge Bassist Matt Garrison, der vergeblich versuchte, Pharoah zu weiteren Tönen zu animieren, war technisch versiert. Nach einer Stunde kündigte Sanders bündig das Ende des Konzerts an. Noch zwei Zugaben, und die Musiker waren verschwunden. Antje Rößler |
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