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Was bewegt einen Musiker oder Komponisten dazu, sein Instrument beiseite zu legen, um sich zusätzlich der Malerei zu widmen? Diese Frage beschäftigt die Kulturwissenschaften seit Jahrzehnten, ohne allerdings versucht zu haben, ernsthaft eine Antwort zu finden. Der umgekehrte Fall war schon eher Gegenstand der Forschung, zum Beispiel die Frage der Beziehung zwischen Klang und Farbe bei Paul Klee.
Der Jazzfreund kennt natürlich die Malerei eines George Wettling, des Schlagzeugers des Chicago-Windy City Dixieland oder die schönen Bilder des späten Miles Davis, die Anfang der 90-er Jahre parallel zu Davis Auftritt auf den Leverkusener Jazztagen im dortigen Museum Schloss Morsbroich zu sehen waren. Auch ein Projekt des Münsterschen Kunstvereins beschäftigte sich vor Jahrzehnten damit, während zum Beispiel das Total Music Meeting in 2001 parallel zum Festival in Berlin Arbeiten malender Musiker zeigte. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch John Corbetts Text „The Art of the Drummer“ in seinem Programmheft zum Berliner Jazzfest 2002. Wenn man sich mit der Materie beschäftigt, füllt sich sehr schnell die Namensliste malender Improvisatoren: Hans Koller, Volker Kriegel, Daniel Humair, Han Bennink, Rob van den Broeck, Peter Brötzmann, Peter Kowald, Gunter Hampel, um nur einige zu nennen. Erst vor ein paar Jahren mit dem Malen begonnen hat Joachim Kühn. Angeregt dazu hat ihn sein Freund und Weggefährte Daniel Humair, der ihn in den 80-er Jahren, als er nach Paris zog, mit der dortigen Kunstszene in Berührung brachte. Als Kühn sich dann Anfang der 90-er Jahre auf Ibiza in einem großzügigen Domizil über dem Meer niederließ, traf sich das in Paris geweckte Interesse an Malerei mit dem außergewöhnlichen Licht an diesem Ort. Parallel zu seinen musikalischen Arbeiten fing er an zu malen, ohne dies je professionell gelernt zu haben, frei und intutitiv, wie er auch mit der Musik umgeht. Eine Ausstellung von einer größeren Auswahl seiner über vierhundert in Ibiza entstandenen Werke war um die Weihnachtszeit in dem Museum Schloß Burgau in Düren, etwa 40 km westlich von Köln, zu sehen, ein erster größerer öffentlicher Einblick in die Gestalten- und Farbenwelt dieses auch in der Musik geradezu explosiv kreativen Künstlers. Schon in seiner ersten Zeit als Pianist in seiner Heimatstadt Leipzig wurden ihm die Ausdrucksmöglichkeiten mit dem Klavier zu eng, so dass er das Altsaxophon in seine Werkpalette einbezog und gerade in den letzten Jahren immer wieder benutzt. Insgesamt ist er bekannt als eine künstlerische Persönlichkeit
von einer schier unbegrenzt wirkenden Vielfalt, Kraft und Kreativität.
In allen Entwicklungsstufen, vom Free Jazz der 60-er Jahre über die
sogenannte Fusion-Bewegung der 70-er bis hin zu seiner Auseinandersetzung
mit Bach oder der sinfonischen Musik machen ihn seine Werke zu einer außergewöhnlichen
Musikerpersönlichkeit. Elektronik und Ballett waren in den letzten
Jahren weitere Gegenstände seiner großen Ausdruckskraft. Hans-Jürgen von Osterhausen |
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