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Jazz in Europa – schon seit mindestens vier Jahrzehnten ein Thema kultureller Identität für den alten Kontinent, jenseits der amerikanischen Quellen. Und dennoch: Was Musikliebhabern und Musikern längst selbstverständlich ist, sieht Europas Bürokratie noch ganz anders: Für sie ist Jazz immer noch ein Produkt von jenseits des Atlantik, das Europäer höchstens nachahmen und das daher nicht zum förderungswürdigen europäischen Kulturerbe zählt. Aber inzwischen gibt es auch Selbstorganisationen des europäischen Jazz, zum Beispiel das Europe Jazz Network (EJN), das mit einem kleinen und sehr erlesenen Festival das über zwei Jahre laufende Projekt „Europe Jazz Odyssey“ im Kölner Stadtgarten startete. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand ein öffentliches Kolloquium, bei dem es nach dem Wortlaut der Pressemitteilung der Veranstalter um „die Bedeutung und die Perspektiven der Improvisierten Musik und des Jazz in Europa“ ging. Am Anfang des von Peter Schulze, dem soeben nominierten neuen Künstlerischen Leiter des Berliner Jazzfests, souverän moderierten Kolloquiums stand der Artikel des Journalisten Stuart Nicholson in der New York Times vom 3. Juni 2001 unter dem Titel „Europeans Cut in With a New Jazz Sond and Beat“. Dieser hatte die herausragende Bedeutung des europäischen Jazz gegenüber der mehr rückwärts orientierten amerikanischen Spielart herausgestellt, zum Beispiel mit der Feststellung „European new Jazz is not what jazz was but is a vision of what it can be“. Ken Whitehead, Autor des grundlegenden Werks „New Dutch Swing“, bestätigte aus seiner Sicht die besondere Entwicklung des europäischen Jazz, relativierte aber die provozierenden Äußerungen Nicholsons. In der Darstellung der besonderen Situation der Improvisierten Musik
in den skandinavischen Ländern, in Großbritannien, Frankreich,
den Niederlanden, Belgien und Deutschland wurde sehr deutlich, dass diese
Musik in Deutschland gegenüber den genannten übrigen Ländern
das Schlusslicht darstellt, wenn man über öffentliche Anerkennung
und Unterstützung spricht. In der abschließenden Diskussion bestand weitgehend Einigkeit darüber, dass der Begriff Jazz nicht mehr den Kern der neuen musikalischen Bewegung unter diesem Titel trifft, auch wenn diese ganz stark von ihm beeinflusst ist. Auch stellte man fest, ohne dies allerdings in diesem ersten Kolloquium auch nur annähernd ausdiskutiert zu haben, dass der Beginn des 21. Jahrhunderts von einer außerordentlich signifikanten Migration gekennzeichnet ist und gerade der neue europäische Jazz als die aktuelle Musik in der Lage ist, die kreativen Merkmale dieser sozialen und kulturellen Herausforderung aufzufangen und zu einem hohen Grad von kultureller Leistung zu verarbeiten. Im luftleeren Raum fanden diese bedeutungsschweren Aussagen nicht statt, nachdem Musiker wie Guus Janssen, Ernst Glerum, Luc Ex, die französische „Campagnie Des Musique A Ouir“, Henrik Sund aus Kopenhagen, Georg Ruby und Dieter Manderscheid, Arve Henriksen aus Norwegen, Matthew Bourne aus London und Jens Thomas gezeigt hatten, wie kreativ und facettenreich diese Musik ist. Bleibt nur die Frage, „wie sag ich‘s meiner Administration in Brüssel.“ Das Projekt „Europe Jazz Odyssey“ lässt hoffen, dass darauf eine Antwort zu finden sein wird. Hans-Jürgen von Osterhausen
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