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Etwas anders, als der Name des Klangkörpers vielleicht erwarten lässt, gab es keine Gratwanderungen zwischen Jazz und Klassik, sondern ein dramaturgisch abwechslungsreich konzipiertes Programm mit vielfarbigem Mainstream-Jazz zu erleben. Swing – Latin – Rock“, so der Titel dieser „Edition One”. In feinen sprachlichen Differenzierungen heißt es: dies ist nicht die Big Band des Gewandhauses, sondern eine Band am Gewandhaus. Praktisch bedeutet das, dass jazzambitionierte Gewandhausmusiker mit „echten“, für dieses Projekt engagierten Jazzern eine gemeinsame Band formiert haben. Bei der Premiere wurden Trumpfkarten beider „Fraktionen“ ausgespielt: die „Klassiker“, die meisten der Trompeten und Posaunen, überzeugten mit ausgefeilter Präzision, während die professionellen Jazzmusiker Individualität aufscheinen ließen und solistisch nach vorn traten. Der mit jüngeren Musikern exzellent besetzte Saxophonsatz ist daher namentlich hervorzuheben: Stanley Blume, Max Teich, Frank Nowicki, Michael Arnold und André Bauer. Als Stars des Programms traten die aus dem Bujazzo hervorgegangene, inzwischen mit eigenen Projekten profilierte und in Leipzig heimisch gewordene Sängerin Sabine Helmbold sowie der international renommierte Posaunist Jiggs Whigham in Erscheinung. Das war gut inszeniert: beide brillierten, ohne dem großen Ganzen die Show zu stehlen. Erstaunlich, insbesondere für eine Premiere, wirkte - im direkten und übertragenen Sinne - die Stimmigkeit der Band. Das Vorurteil, „Klassiker“ könnten nicht swingen, wurde widerlegt. Nur Jazzsolisten sind sie eben zumeist nicht. Der Gewandhaus-Bassist Thomas Stahr zählt zu jenen Ausnahme-Musikern, die die Regel bestätigen. Die zentrale und zentrierende Persönlichkeit des Abends war gewiss Eberhard Weise, den man schon eine Big-Band-Legende nennen darf. Bereits in den fünfziger Jahren gründete er in Güstrow ein eigenes Jazzorchester, später wirkte er als langjähriger Arrangeur und Dirigent der nach der Wende abgewickelten Leipziger Radio Big Band. Eberhard Weise konnte nun wesentlich zur Integration der „German Philharmonic Big Band“ beitragen. Er hat sie nicht mit eiserner Disziplin zusammengeschmiedet, sondern mit musikalischer Kompetenz zum Swingen gebracht. Und Frank Schneider, Orchester-Manager am Gewandhaus, schließlich Pianist der neugegründeten Band, gebührt das Verdienst, die richtigen Komponenten vereint zu haben. Das ist erfreulich in einer Zeit, zu deren Unworten „Orchestersterben“ gerechnet werden muss. Leipzig hat nun neben der „Leipzig Big Band“ und dem „LeipJAZZig Orkester“ noch eine dritte Big Band hinzubekommen. Alle drei sind Projekt-Bands, kommen also nur sporadisch zusammen. In diesem und vor allem auch im überregionalen Kontext wird es für die „German Philharmonic Big Band“ wichtig werden, ein eigenes Profil zu entfalten. Das könnte bedeuten, die Vorteile der Anbindung an einen klassischen Musentempel und die Verbindung zu Big-Band-untypischen Orchester-Instrumentierungen zu nutzen - nicht im Sinne eines modischen Crossover und auch nicht im Sinne von Jazzversionen klassischen Repertoires, sondern - kompositorisch und spielpraktisch - in einer zeitgenössischen Integration der unterschiedlichen musikalischen Erfahrungswelten. Bert Noglik
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