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wann haben Sie zuletzt Jazz „unplugged” gehört? Ist sicher schon eine Weile her, oder? Kürzlich erlebte ich Nils Wogram und Band (mit Saxophon, Bass und Schlagzeug) unverstärkt im Night Club des Münchener Hotels Bayerischer Hof: keine Nuance der mal kammermusikalisch-komplexen, mal vor Energie berstenden Wogram-Arrangements ging mangels fehlender Verstärkung verloren.
Unverstärkte Jazzkonzerte sind eine Ausnahmeerscheinung – doch sie bleiben einem meist als herausragend im Gedächtnis: Ich erinnere mich an Joachim Kühn und Bobo Stenson in Elmau, Peter Erskine, Palle Danielsson und John Taylor in Badenweiler. Aber funktioniert unplugged wirklich nur im Kammermusik-Ambiente eines Hotels? Nils Wogram meinte jedenfalls im Gespräch nach dem Konzert, seine Formation würde vor bis zu 200 Zuhörern ausschließlich unverstärkt spielen. Gratulation zu diesem mutigen Konzept. Ich will hier keinem Öko- oder Birkenstock-Jazz das Wort reden. Bestimmte Effekte und Stilistiken (man denke nur an Paolo Fresus Spiel nicht mit, sondern auf seinem Verstärker, oder an die E-Gitarre eines Nguyên Lê, die Hammond B3 einer Barbara Dennerlein oder die symphonischen Klangräusche des späten Miles Davis) wären ohne elektrischen Strom undenkbar. Darum geht es nicht. Es geht um die Nuancen der Musik. Wir haben vergessen, dass man mit modernem Klavier, Blasinstrument, Schlagzeug und Kontrabass einen Sound produzieren kann, der in den Feinheiten der Tongebung und Harmonik dem klassischen um nichts nachsteht. Außerdem gibt das Ausstöpseln aus den Verstärkern den Musikern viel interpretatorische Freiheit zurück. Wenn beim Bau von Konzerthäusern in Zukunft auch Jazz stärker berücksichtigt wird, wie dies Joe Viera in seinem Break ankündigt und fordert, dann kann ich nur an die Architekten und Akustiker appellieren: Baut nicht nur universal nutzbare Mehrzweckräume, wie sie sich die Ton- und Bühnentechniker wünschen, sondern baut Säle mit Akustik! Ihr Andreas Kolb
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