Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Wo immer er auch hinkommt – stets räumt der polnische Geiger Adam Baldych mächtig ab. Beim letztjährigen JazzFest Berlin spielte er so virtuos auf, dass manchem Kritiker die herabfallende Kinnlade fast das Brustbein zertrümmerte. Und als sich der Violinist beim JazzBaltica Festival jetzt auf ein Duo mit dem finnischen Pianisten Iro Rantala einließ, riss das die Zuhörer so hin, dass der gemeinsame Auftritt spontan auf ein bereits fertig gestelltes Album des Klavierspielers gepackt wurde. Im Oktober feiert Adam Baldych mit einem exklusiven Konzert in der Münchner Unterfahrt die Veröffentlichung seines internationalen Debüts „Imaginary Room“. Geiger Adam Baldych. Foto: Ssirus W. Pakzad Nach zwei Minuten würde kein Mensch mehr daran denken, dass einem gerade „Mr. Evil“ gegenüber sitzt, denn der junge, dunkelhaarige Mann im moderaten Grufti-Look, dem dieser Spitzname verpasst wurde, ist von ausgelassener Fröhlichkeit, zuvorkommend, nett, charmant. Diabolisch will so gar nichts an ihm wirken. „Ach“, schmunzelt er, „ich kann mir schon denken, woher das mit dem „Evil“ kommt. Es hat wahrscheinlich mit der Power zu tun, die ich auf der Bühne entwickle. Die ist manch einem unheimlich. Ich habe immer die Rockmusiker für ihre Kraft bewundert und versucht, ihre Energieleistung irgendwie auf den Jazz zu übertragen. Mein Äußeres hat bestimmt auch zu meinem Spitznamen geführt. Und dann ziert den Kopf meiner Geige auch noch eine Dämonenfratze. Hinzu kommt: ich war als Schüler ziemlich aufsässig. Meine Lehrer hatten ein Problem mit mir. Nach acht Jahren Musikschule haben sie mich rausgeschmissen – wohl auch, weil ich nach einem ganz anderen als dem klassischen Geigensound suchte.“ Der entwickelte sich, als sich Baldych mit 13 zunehmend für Jazz interessierte. Andere Geiger nahm er dabei weniger zum Vorbild – eher hatte es ihm das Soundideal eines Gitarristen wie Allan Holdsworth (Soft Machine, Tony Williams, Jean-Luc Ponty) angetan, der mit seinen Bratpfannenhänden und überirdischer Technik auch heute noch die verrücktesten Intervalle, Läufe, Akkorde, Arpeggien aufs Griffbrett zaubert. Auch Bläserlinien und den Klang von Blechinstrumenten versuchte der heute 26jährige Adam Baldych, der im heimischen Polen als Jazzwunderkind gehandelt wurde, erfolgreich mit seiner Geige nach zu empfinden. „Ich mag, dass die Bläser natürliche Atempausen setzen müssen“, sagt er lächelnd. „Viele Spieler, die nicht dauernd Luft holen müssen, also auch Geiger, sollten öfter mal auf ihrem Instrument zu atmen versuchen.“ Er grinst süffisant. „Ich suche immer noch nach neuen Regeln und Weisen für mein Spiel. Jedes Jahr entdecke ich etwas Neues an mir.“ Dazu gehört wohl auch, dass er sich nicht mehr um jeden Preis auspowern muss. Sein internationales Debüt „Imaginary Room“ (ACT) etwa, ist verblüffend bedächtig und lässt, gemäß des Titels, genug Raum für die Fantasie des Zuhörers. Eingespielt hat er das atmosphärische Werk mit Spitzenkräften aus dem Norden Europas. Nils Landgren, der Ko-Produzent des Albums, ist an der Posaune zu hören, Verneri Pohjola bringt seine Trompete in Schwingung und mit dem Norweger Marius Neset ist einer der aufregendsten jungen Saxofonisten der Gegenwart äußerst präsent. Dazu gesellen sich der schwedische Pianist Jacob Karlzon, der Bassist und Cellist Lars Danielsson, auch er aus dem Land mit dem gelben Kreuz auf der blauen Flagge, und der dänische Schlagzeuger Morten Lund. Text und Foto: Ssirus W. Pakzad CD-Tipp
|
|