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Er hat die deutsche Jazzszene nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich mitgeprägt: der studierte Münchner Physiker Joe Viera. Er ist einer der Gründer des bekannten internationalen Festivals in Burghausen, wo er seit 40 Jahren auch Kurse für Jazzmusiker veranstaltet. Da es in den 50ern im Jazzbereich so gut wie keine Lehrwerke auf Deutsch gab, verfasste er sie kurzer Hand selber. Ursula Gaisa traf Joe Viera anlässlich seines 80. Geburtstages in seinem Häuschen in einer ruhigen Ecke in Schwabing. Das komplette Interview lesen Sie ab dem 4. September, seinem Jubeltag, auf www.nmz.de. JazzZeitung: Seit über 40 Jahren pilgern Jazzfans aus ganz Deutschland und den Nachbarländern zur Internationalen Jazz- Foto: Ursula Gaisa Joe Viera: Die Kurse habe ich allein gegründet, das Festival zusammen mit Helmut Viertel. Der stammt aus Neumarkt in der Oberpfalz und hat seine Ausbildung als Gerichtsvollzieher in Neuburg an der Donau absolviert, hat dort Ende der 50er-Jahre einen Jazzclub gegründet und anschließend in Burghausen seine erste Stelle angetreten, Anfang der 60er-Jahre. Und das war ein Glücksfall, dass er Burghausen gewählt hat, denn in Augsburg hätten wir nichts zustande gebracht. Das ist keine Jazzstadt – wird leider wohl nie eine werden. Er ist also nach Burghausen gegangen, hat nach einigen Jahren dort wieder einen Jazzclub gegründet und hat mich im Oktober 1969 zu einem Vortrag eingeladen. Er kannte mich vom Namen her, ich kannte ihn nicht. Aber am nächsten Tag, auf der Fahrt zum Bahnhof, da habe ich dann auch meinen Zug versäumt, sind wir ins Reden gekommen und ich habe gemerkt, da ist einer, der möchte gerne mehr machen und weiß nicht recht wie. Und damals gab es ja so eine Aufbruchsstimmung, Stichwort 68er. Da hab ich mir gedacht, es wäre doch mal interessant, an so einem Ort bei Null anzufangen. Also haben wir genau da noch – in seinem alten VW, vor dem alten Bahnhof von Burghausen – beschlossen, wir machen das erste Festival im März. Ich habe März vorgeschlagen, weil da sonst nirgendwo was los war in Europa. Ich kannte damals schon viele Festivals, zum Teil habe ich darüber geschrieben, zum Teil bin ich dort aufgetreten, so wusste ich, was wir besser nicht machen sollten: also kein Open Air und kein Zelt, sondern ganz normal in einem geschlossenen Raum. Und fünf Tage, weil zwei Tage sind kein Festival, das muss schon länger sein. Dann haben wir also, eigentlich komplett ohne Mittel, nur mit dem Stadtsaal, den uns der damalige Bürgermeister Georg Miesgang umsonst zur Verfügung gestellt hat – das wurde dann der Dritte im Bunde – angefangen. Und dann schrittweise weiter aufgebaut. 1975 hatten wir den ersten Knaller mit Oscar Peterson und Joe Pass. Da sind die Leute bis von München gekommen und haben sich gewundert, warum das in Burghausen passiert und die zwei nicht in München auftreten. Im gleichen Jahr haben wir für ein Stadtfest die Count Basie Bigband geholt. Das war natürlich finanziell ein riskantes Unternehmen, aber die Stadt hat gesagt: „Wir helfen euch schon, wenn es Probleme gibt.“ Also haben wir für ein Doppelkonzert die Basie-Band und Ella Fitzgerald mit Trio geholt – damit waren wir auf der Jazzlandkarte. Inzwischen haben wir über 50 Mitarbeiter, die Clubmitglieder und mehr, um das Festival durchzuziehen, denn da braucht man ja einen Fahrdienst zum Flughafen, einen Fahrdienst zu den Hotels und und und… Den kann man gar nicht hoch genug einschätzen, diesen Teamgeist, der da herrscht in Burghausen. Das ist eines der Geheimnisse… JazzZeitung: Und die Kurse sind dann praktisch zur gleichen Zeit entstanden… Viera: Nein, das war dann 1972. Ich hatte schon vorher einige der ersten ganz großen Jazzkurse als Dozent mit betreut: 1960/61 in Weikersheim für die Jeunesses Musicales, in Regensburg damals durch Richard Wiedamann. Aber das lief dann alles nicht richtig weiter, dafür ging‘s 1962 in der Akademie in Remscheid los. Da gab es seitdem regelmäßig einen großen Kurs, und ich war dort von 1963 bis 1985 als Dozent tätig. Dort kamen dann bayerische Teilnehmer zu mir und haben festgestellt: „Wie schade, dass es in Bayern sowas nicht gibt!“ Also dachte ich bei mir: „Jetzt habe ich die Geschichte in Burghausen angefangen, eigentlich könnte man da auch Kurse machen.“ Und das war dann auch wieder ein Glücksfall, denn 1975, vorher waren wir in verschiedenen Schulen und anderen Gebäuden, wurde das Mautnerschloss renoviert und wurde zu einem idealen Austragungort. Das ist der Kurs der kurzen Wege, mit dicken Mauern, was auch für die Temperatur im Sommer natürlich gut ist, und jetzt bei der letzten Renovierung haben wir sogar einen Aufzug reingekriegt, so dass das ganze Haus vibriert, wenn da 70 Teilnehmer mit 9 Dozenten arbeiten und jeden Abend Session ist. JazzZeitung: Inzwischen gibt es viele Jazzstudiengänge, viele sehr gut ausgebildete junge Musiker. Haben es die heute schwerer als Sie damals, haben die mehr zu kämpfen? Konzert-Tipp Tribute-Konzert zu Ehren Joe Vieras 80. Geburtstag. Doppelkonzert mit den „Swing Oldies“ – Max Greger & Hugo Strasser und der Uni Big Band München, Stadtsaal Burghausen, 8. September, Tel. 08677/91 64 63-33 |
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