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Der französische Kontrabassist Renaud Garcia-Fons ist weltbekannt für sein farbenreiches, durch Einsatz des Bogens geprägtes Spiel. Nun hat der Musiker, der in der Vergangenheit viel mit großen Besetzungen experimentierte, ein Livealbum im Trioformat eingespielt – und diesem auch gleich eine DVD beigefügt. Seine Partner in dieser „Reduktion aufs Wesentliche“ sind der Flamencogitarrist Kiko Ruiz und der Percussionist Negrito Trasante. Ob man Garcia-Fons nun dem Jazz oder der Weltmusik zuzurechnen hat – er bedient sich gleichermaßen geläufig Quellen aus allen Stilrichtungen – ist eine müßige Betrachtung: Sein Ziel bleibt stets „eine Musik zu spielen, die Menschen weltweit in spiritueller Hinsicht miteinander verbindet“.
Jazzzeitung: Dein neues Album „Arcoluz“ ist live und im Trio aufgenommen worden. Welche Freiheiten, Einschränkungen oder gar Risiken ergeben sich, verglichen mit großem Ensemble, aus dem Spiel in so kompakter Besetzung? Garcia-Fons: (lacht) Nein, wenn ich darangehe, eine
Idee zu verwirklichen, analysiere ich die Situation niemals im Sinne von
„Risiko“ oder „Chance“ … das Aufnehmen eines
Albums geschieht vielmehr aus einem starken inneren Bedürfnis heraus,
egal um welches Projekt es sich handelt. „Arcoluz“ ist das
Ergebnis von drei Jahren Konzerten mit diesem Trio – wir alle, Kiko,
Negrito und ich, waren der Meinung, dies sei ein guter Moment für
eine Einspielung. Jazzzeitung: Deine Technik auf dem Bass unter Verwendung des Bogens ist sehr eigen. Ist es eines deiner Ziele, mit dem Instrument die Intonation der menschlichen Stimme zu erreichen? Garcia-Fons: Der größte Wunsch eines jeden Musikers ist es, mit seinem Instrument zu „singen“. Von daher bin ich keine Ausnahme von dieser Regel – den Bass zum Singen zu bringen, hat mich immer fasziniert. Nun, es ist zwar definitiv so, dass das Arco-Spiel mir für diesen Versuch, mich der Stimme anzunähern, einen ungeheuren Vorteil bietet. Aber dennoch meine ich, kein Instrument kann letztlich wirklich auf den Level der menschlichen Stimme gelangen – nicht, wenn es um Emotion und Ausdruck geht. Jazzzeitung: Deine Melodien und dein Sound kommen gelegentlich der Geige nahe, was zum Teil sicher auf die hohe C-Saite deines fünfsaitigen Instruments zurückzuführen ist. Davon abgesehen, wo weicht deine Herangehensweise noch von der anderer Bassisten ab? Garcia-Fons: Ehrlich, ich weiß gar nicht zu sagen, was für eine „Art“ von Bassist ich bin – mein Hauptanliegen ist die Musik, und die entwickle ich nicht mit einer bestimmten Vorstellung von der Rolle meines Instrumentes. Mir geht es einfach darum, umzusetzen, was ich in meinem Inneren höre. Dafür muss man, und das gilt für jeden Bassisten, seine eigene, persönliche Herangehensweise finden. Es heißt nicht grundlos „Double Bass“ – ich betrachte das Instrument auch als „double“: Der eine Teil ist das Pizzicato-, der andere das Arco-Spiel. Jazzzeitung: Deine Musik kennt keine Grenzen bezüglich Genres, Geographie oder Kulturen. Siehst du Musik generell als überkulturelle Sprache, die die Menschen auf der Welt verbindet? Garcia-Fons: Das ist wahr; ich versuche, zu einer Musik zu gelangen, die „grenzenlos“ ist. Das ist auch der Blickwinkel, aus dem heraus ich den Kontrabass als „universales Instrument“ betrachte, nicht lediglich dem Jazz zugeordnet, oder der Klassik. An dieser Stelle möchte ich einfügen, dass ich allen Musikern, die eine Tradition verteidigen, mit sehr viel Respekt begegne! Ich höre so etwas gerne und lerne dabei eine Menge. Geht es nach meiner Erfahrung und meinen Wünschen, so betrachte ich Musik vor allem anderen als eine Sprache der Seele. In dieser Hinsicht kann Musik eine universale Sprache sein, welche die Menschen auf spirituelle Weise miteinander verbindet. Wie bereits Ostad Elahi, ein großer Meister der persischen Musik, sagte: „Musik besitzt unzählige Facetten, von denen die meisten noch zu entdecken sind.“ Jazzzeitung: Du sagtest einmal, Musik sei „immer ein Produkt von Assimilation, Integration, Fusion“. Global betrachtet, scheinen diese drei Aspekte innerhalb der menschlichen Gesellschaft nicht zu funktionieren oder an einem bestimmten Punkt steckenzubleiben. Ist in der Musik etwas Ähnliches sichtbar – oder findet dieser Prozess dort auf denkbar beste Weise statt? Garcia-Fons: Die Frage im Sinne der Integration in die Gesellschaft zu beantworten, möchte ich mir lieber nicht anmaßen. Mein Gefühl sagt aber, dass dieser Prozess unumkehrbar ist, egal, was die Leute denken. In der Musik schreitet dies nur sehr viel schneller voran – daher vielleicht der große Erfolg der Weltmusik. Gegenwärtig erscheint die menschliche Gesellschaft als hauptsächlich von materiellen Aspekten bestimmt und natürlich steht auch die Musik unter diesem Einfluss, aber zum Glück nur zum Teil: Ich bin sicher, dass Musik etwas Reines enthält, das alle Antagonismen überwindet. Denn die Musik spricht unseren wahren menschlichen Kern an. Carina Prange
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