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Die Kenner wähnten sich vorgewarnt. Denn spätestens nach ihrem CD-Debüt 2003 („Another Mind“ war eines der erfolgreichsten Jazz-Alben des Jahres) sprach sich herum, was für ein Talent mit der Japanerin Hiromi Uehara die Szene betreten hatte. Doch auf das, was dieser mit neckisch nach oben gesteckter Frisur und modisch bunten Turnschuhe zum ansonsten schwarzen, Yamamoto-ähnlichen Outfit frech daherkommende Twen am 1. Februar im Nightclubs des Bayerischen Hofs München bot, konnte man nicht vorbereitet sein. Von der ersten Note an fegte die Japanerin wie ein Hurrikan der höchsten Vorwarnstufe über die Tasten, sodass man sich fragte, wo dieses zierliche, kleine Persönchen die Kraft hernimmt. Die entspringt natürlich in erster Linie einer erst klassisch, dann an der Berklee School of Music stilübergreifend geschulten Technik, die ihresgleichen sucht. Anspruchsvollste Akkordcluster, atemberaubende Läufe oder schwierigste Sprünge meistert sie mit einer Präzision, Geschwindigkeit und Dynamik, die selbst viele Pianisten der ersten Kategorie ihr Leben lang nicht erreichen werden. Dass sie damit alles spielen kann, das bewies Hiromi auch mit den Tracks ihrer soeben erschienenen neuen CD „Spiral“. Wie eine parodistische Stilkunde quer durch die Jahrhunderte hört sich das oft an, wenn sie auf „Old Castle, By The River, In The Middle Of The Forest“ die Romantik von Schumann bis Chopin für sich vereinnahmt, bei „The Tom & Jerry Show“ Stride und Boogie so virtuos zelebriert, wie das wohl nur eine Handvoll anderer auf dem Globus beherrscht, oder mit „Edge“ derart funky dahergroovt, dass sich mancher schwarze Soul-Star warm anziehen muss. Überdies hat sie die Elektronik entdeckt. Das gemahnte manchmal an Joe Zawinul, entlockte dem Syntheziser bei „Return Of The Kung-Fu World Champion“ (das sie Bruce Lee und Jackie Chan widmete) aber auch Klangexperimente, die man im Jazzbereich seit den 80er-Jahren nicht mehr gehört hat. Wenn man Hiromi partout etwas vorwerfen will, dann ist es die allzu demonstrative Ausstellung ihrer Brillanz. Der Ehrgeiz, alles zeigen zu wollen, führt sie noch zu oft weg vom eigenen Pfad. „Deja Vu“ heißt ein anderes ihrer neuen Stücke, und tatsächlich bleibt trotz aller Finessen manches epigonal, eine noch nicht von eigener Vorstellungskraft durchdrungene Interpretation der Vorlagen von Mentoren wie Ahmad Jamal. Dass die junge Himmelsstürmerin auch hier auf einem guten Weg ist, bewies nicht zuletzt ihre eigenwillige Suite „Open Door – Tuning – Prologue“. Ebenso erfreulich ist, wie sich ihr Trio entwickelt hat. Noch vor drei Jahren wirkten Bassist Tony Grey und Drummer Martin Valihora dem Furor Hiromis nicht immer gewachsen. Inzwischen ist eine perfekt arbeitende working band daraus geworden, in der jeder jederzeit eine klar zu ortende Stimme besteuert, die mit den anderen harmoniert. In jedem Fall steuert Hiromi einer großen Karriere entgegen, und so war diese gelungene Talentprobe ein glänzender Einstieg in die neue Saison der New-York-Reihe des Bayerischen Hofs. Neben den kurz danach angetretenen Gitarrenstars Vernon Reid und Larry Coryell werden im laufenden Monat Klarinettist Don Byron mit seinem Ivey Divey Trio (7. März), Spaß-Posaunist Ray Anderson mit seinem Sliphorn Quintet (21. März), Bobby Prevites Quartett „Coalition of the Willing“ und der Vibraphon-Neuerer Roy Ayers erwartet. Oliver Hochkeppel |
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