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Dienstagabend – Temperaturen unter dem Gefrierpunkt – Schneeregen... eigentlich drei Gründe, nach Feierabend nicht mehr das Haus zu verlassen. Trotzdem ist der Jazzkeller des Leeren Beutels in Regensburg am 31. Januar voll wie selten. Ungefähr 350 Zuschauer sind gekommen, um Rigmor Gustafsson singen zu hören. Das Publikum reicht vom langhaarigen Studenten, dem Anzugträger mit Designerbrille bis zur silberhaarigen Dame im Kaschmir-Kostüm. Wer ist die Frau, die so viele unterschiedliche Menschen mitten in der Woche vor die Tür lockt? Nils Landgreen holte die Schwedin 2001 zum Jazzfest nach Berlin. Ihr Auftritt bei Jazz Baltica und ein Plattenvertrag mit dem deutschen Label ACT folgten. Mit ihren Versionen von Klassikern wie „Fire and Rain“ von James Taylor und Burt Bacharachs „Walk On By“ überwindet sie hierzulande mühelos Alters- und Genregrenzen. Kaum jemand kann sich Rigmor Gustafssons warmer, klarer Stimme entziehen. Sie dominiert, aber überfrachtet nicht. Die einfach instrumentierte Band (Jonas Östholm, Piano; Christian Spering, Bass; Johan Löfcrantz, Schlagzeug) legt einen brillanten Klangteppich für die Vokalistin aus. Das harmonische Zusammenspiel wird durchbrochen von dicht gewebten Soli. An diesen Stellen tritt Gustafsson zurück und gibt ihren Musikern – völlig uneitel – Raum. Beide Sets an diesem Abend wirken so homogen und wie aus einem Guss, dass man meinen könnte, alles stamme aus der Feder der schwarzhaarigen Schwedin. Neben Bacharachs ursprünglichen Pop- und Soul-Stücken liegt der Schwerpunkt auf Michel Legrands Melodien. Rigmor Gustafsson hat ein gutes Ohr für das richtige Material. Aber wie haucht sie den Stücken diese anrührende Eleganz ein? Sie saugt die Essenz, das Charakteristische aus den Stücken und umhüllt sie mit der ihr eigenen samtigen Prägung. Ihr Rezept sind möglichst reduzierte und federleichte Arrangements. Bei Kritikern hat ihr das den Ruf eingebracht, ihre Musik sei zu lapidar und gefällig. Viele stempeln sie als lediglich Hintergrund-tauglich ab. Aber wie bei wirklich guter Literatur, ist es leicht, Zugang zu dieser Musik zu finden. Muss es schlecht sein, wenn Musik uns nicht immer ein Höchstmaß an Konzentration abverlangt? Live überrascht die Sängerin mit einem breiteren Spektrum und zeigt auch andere Facetten mit Verfremdungs- und Halleffekten. Dabei kommt Rigmor Gustafsson nicht für den kleinsten Moment ihre natürliche Noblesse abhanden. Nichts ist zu viel, nichts ist aufgesetzt. Diese Frau fühlt sich wohl mit ihrer Musik und es scheint ihr völlig egal zu sein, ob sie nun Pop oder Jazz singt. Anne Thomas |
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