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Im Ruhrgebiet geht wieder einiges, heißt es derzeit nicht selten – tatsächlich findet vielerorts durch neu entstehende Clubs und übergreifende Projekte mit guter Publikumsresonanz eine erfreuliche Szenebelebung statt. Im Herbst öffnete in Dortmund der legendäre Jazzclub domicil im ehemaligen Filmtheater an der Hansastraße in neuer, viel größerer Lokalität seine Pforten und wurde auf Anhieb zum Publikums-Magneten für Jazz und noch viel mehr. Auch der Jazzwerk Ruhr e.V. hat die neue „Location“ in sein kreatives, städteübergreifendes Netzwerk zur Jazzförderung im Ruhrgebiet eingebunden.
Jazzwerk Ruhr ist ein gemeinsames Projekt der Initiativen ProJazz Dortmund und Jazz Offensive Essen mit dem Ziel, im Rahmen der regionalen Kulturförderung mit Unterstützung des Landes NRW, dem Kulturbüro der Stadt Dortmund und dem Kulturbüro der Stadt Essen die regionale Jazzszene verstärkt zu profilieren. In diesem Jahr hat sich darüber hinaus die Bochum-Wittener Jazzinitiative „B.itte Jazz e. V.“ beteiligt. In Dortmund und Essen sowie zum ersten Mal auch in Bochum verschaffte sich nun zum dritten Mal eine regionale Jazzszene Gehör, die zeigte, wie aufgeschlossen, undogmatisch und gleichzeitig professionell junge Musikerinnen und Musiker aus der Region über stilistische und kulturelle Grenzen hinwegblicken. Etwa Katrin Scherers Trio „ohne 4 gespielt 3“. Die allesamt in Essen lebenden Folkwang-Absolventen eröffneten den Abend im domicil mit sehr spannungsgeladenen, kammermusikalischen Auffassungen von Jazz. Im reibungsvollen Dialog mit ihrem Partner Sven Decker bestrich Katrin Scherer weite Horizonte in puncto klanglicher Ausdrucksformen auf Saxophonen und Klarinetten. Für viel rhythmische Finesse sorgte dabei das freigeistige Schlagzeugspiel von Bernd Oezsevim. Überhaupt dominierten starke Frauen das Geschehen in Dortmund. „Le Diffus“ wird von der Komponistin und Tenorspielerin Natalie Hausmann geleitet, die ihrerseits bei Matthias Nadolny und Hugo Read ebenfalls am Jazz-Fachbereich der Essener Folkwang-Hochschule studierte. Ihre Band setzte im domicil auf intensive, gleichberechtigte Interaktion und die souveräne Professionalität braucht dabei einen internationalen Vergleich kaum zu scheuen. Die Musik von „Le Diffus“ entspricht dabei wohl kaum dem Bandnamen, setzen die Arrangements doch vor allem auf stilistische Klarheit und auf eine hohe Ausstrahlungskraft der lyrischen Themen, denen genug Raum zu geben die Stärke des Quintetts war mit seinen hellhörigen Improvisationen und rockigen Grooves seitens des Schlagzeugers Simon Camatta. Symbolträchtig für die kulturgeschichtliche Prägung des Ruhrgebiets als einstige Einwanderungsregion für viele osteuropäische Menschen war dann gewissermaßen der fulminante Abschluss des Konzerts im domicil, der auch vom Westdeutschen Rundfunk live mitgeschnitten wurde: Im „Diswojdas Orkiestra“ versammelte sich eine enthusiastische Schar polnischer Musikerinnen und Musiker auf der Bühne. Dieses Orchester fusioniert verschiedenene Bands, die sich auf einem
Folkfestival in Norwegen zusammenfanden. Konzentrierte Zusammenarbeit
und gegenseitige Inspiration führte hier recht bald in die anspruchsvollen
Gefilde einer stilübergreifenden, improvisierten Musik, die im Kern
sehr songorientiert bleibt. Stefan Pieper |
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