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Jazzzeitung

2005/06  ::: seite 1

titelstory

 

Inhalt 2005/06

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
Zusammenspiel
all that jazz:
Cut, Remix, Variation
jazzfrauen-abc: Lil Hardin (Lillian Armstrong)
farewell:Zum Tode der Bassisten Niels Henning Ørsted Pedersen, Jimmy Woode, Percy Heath


TITEL / DOSSIER


Titel: Heisse Lippen und Gestank
Colin Towns und die NDR Bigband nähern sich Frank Zappa
Dossier:Sommerjazz
Ein Überblick über den Festivalsommer 2005


BERICHTE
/ PREVIEW

Bill Ramsey in der Bundeskunsthalle bei Till Brönner // Internationale Jazzwoche Burghausen 2005 // 1. Swing Festival auf Schloss Elmau // E.S.T. – // Ken Vandermark und Paal Nilssen-Love in Köln // Markus Stockhausens Klangvisionen-Festival in Köln


 JAZZ HEUTE

Soziales, Kunst und Jazz
Das Sponsoring-Konzept der Sparda-Bank Baden-Württemberg


 PORTRAIT / INTERVIEW


Henning Sieverts // Bassist Henry Grimes // Maceo Parker // Misha Mengelberg // Ulrich Thiem


 PLAY BACK / MEDIEN


Jede Menge Raum
Die Andrew Hill Select Box bei Mosaic
CD. CD-Rezensionen 2005/06
Hörbuch. Der Hörbuch-Markt endeckt den Jazz für sich
DVD. Ray: Original Motion Picture Soundtrack
Bücher. Neue Bücher zu Lerner und Loewe, Cole Porter und über Jazz und Kultur
Noten. Neue Stücke für Saxophon, Chor und Flöte
Noten. John Riley: The Jazz Drummer’s Workshop
Instrumente. Messeneuheiten von Roland
Medien. link-tipps


 EDUCATION

Modernes Music Business
Das McNally Smith College of Music in Lübeck

Fortbildung // Ausbildungsstätten in Deutschland (pdf)


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2005/06 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (265 kb))

Heisse Lippen und Gestank

Colin Towns und die NDR Bigband nähern sich Frank Zappa

Aus den Angeboten der Musikgenres nimmt sich Colin Towns gerne, was Bigbands einen unorthodoxen Jazzkick gibt. Der britische Film- und Theaterkomponist hat keine Hemmungen, sich bei Rock, Pop oder Klassik zu bedienen, um dann aus den Zutaten eigene Stilkonzepte zu entwickeln. Ebenso wenig hatte sich auch das US-amerikanische Rockunikum Frank Zappa um Konventionen gekümmert. Colin Towns hat aus dessen Repertoire „Hot Licks (And Funny Smells)“ ausgewählt und als Zappalogie für die NDR Bigband arrangiert.

Colin Towns

Colin Towns
Foto: Rattay Music

Jazzzeitung: Sie haben schon mehrmals Material anderer Popgruppen verarbeitet, warum nun Zappa-Songs?
Colin Towns: Vom NDR wurde ich gefragt, ob ich an einem solchen Projekt interessiert sei, das dort schon seit längerer Zeit in Planung war. Weil Frank Zappa so einzigartig war, habe ich über die Schwierigkeiten nachgedacht.Wenn man zu viel von dem weg nimmt, was Frank Zappa repräsentierte, entfernt man sich von seinen komplexen Ideen. Schließlich wurde mir klar, dass es klappen kann, weil er am Ende seines Lebens für große Formationen geschrieben hat. Und es war die NDR Bigband, die Frank Zappas Musik feiern wollte. Deshalb betrachtete ich das Projekt von diesem Blickwinkel. In anderen Worten: was kann ich den Musikern überlassen, was wäre für sie angemessen zu spielen, und was wäre gut für den Stil, in dem Frank Zappa komponiert hat. Was man keinesfalls tun kann, ist seinen individuellen Humor zu imitieren. Wenige können diese Art Humor spielen, und auf CDs wirkt er selten. Deshalb musste ich sehr vorsichtig sein, sonst hätte ich verpasst, was für Frank Zappa gültig war. Das war schwieriger als alles, was ich bisher getan habe. Ich wollte keine simple Hommage mit nachgespielten Songs bringen, sondern diese Musik als unverbraucht vorstellen. So hat sich die NDR Bigband das Zappa-Universum angeeignet und den bedeutenden Komponisten gewürdigt.

Jazzzeitung: Ihre Arrangements haben offenbar das satirische Design der Zappa-Songs intensiviert, indem Sie die originalen Texturen gedehnt oder gestaucht haben. War das Ihre Methode?
Towns: Frank Zappa hat alle möglichen Musikstile erforscht und sie verwendet. Für ihn gab es keine Regeln. Als ich einige seiner Songs betrachtete, dehnte ich sie, um herauszufinden, wie die NDR Bigband damit arbeiten kann, denn wir konnten sie nicht so wiedergeben, wie Frank Zappa sie notiert hatte. Man hat zu berücksichtigen, dass da viel Energie drin ist, sonst versteht man diese Musik nicht. Ich habe die Arrangements entsprechend meinen Gefühlen und mit Respekt vor Frank Zappa geschrieben, aber so, dass sie jetzt zur Stilgarderobe der NDR Bigband passen.

Jazzzeitung: Würden Sie Ihre Arbeit als Re-Komposition oder Neu-Erfindung dieser Musik bezeichnen?
Towns: Für mich sind das keine Re-Kompositionen. Ich habe diese Musik durch die Brille der NDR Musiker betrachtet und so vielen Solisten wie möglich Gelegenheit gegeben, ihre eigenen Gefühle darzustellen. Vorurteilen wie die Musik von Frank Zappa sei schmutzig oder schlecht, habe ich versucht entgegen zu wirken. Wir haben uns schon davon entfernt, was Zappa komponiert hat. Aber Zappa hat für sich keine Regeln akzeptiert, warum hätten wir Regeln beachten sollen? Ich denke, mit der NDR Bigband habe ich seine Musik neu entdeckt, und wir waren überrascht, wie vielgestaltig sie ist.

Jazzzeitung: Es fällt auf, dass Sie die für Zappa typischen Perkussionsparts kaum übernommen haben.
Towns: Ja, ich habe die Perkussionparts offen gelassen. Ich möchte Musiker nicht in enge Jacketts pressen, insbesondere nicht die Rhythmussektion.

Jazzzeitung: Haben Sie Frank Zappa jemals kennen gelernt?
Towns: Ich habe ihn nie getroffen. Bisher war ich auch kein Zappa-Fan, weil ich mit so vielen anderen Projekten beschäftigt war. Von Musikern aus den Niederlanden habe ich zunächst einiges über seine Musik gehört. Dann haben Freunde in London mir viele Informationen gegeben und mit mir zusammen Zappa-Filme angeschaut. Das war für die Vorbereitung dieses Projektes nützlich. Besser ist jedoch, wenn ich vorab nicht zuviel weiß und meine eigenen Gefühle zur Musik entwickeln und damit etwas Eigenes machen kann. Gegen akademische Übungen habe ich eine starke Abneigung. Sie wirken wie scholastische Diskurse, die ich nicht studiert habe und die ich auch nicht studieren möchte. Ich bleibe bei dem, was ich kann.

Hans-Dieter Grünefeld

Platten-Tipp
Colin Towns & NDR Bigband: Frank Zappa’s Hot Licks (And Funny Smells)
Rent a dog rad 2007-2, AL!VE


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